- Martin
- Sanct Martin (Merten) feiern (loben): ein gutes Mahl bereiten, tüchtig essen und trinken, das Leben genießen, wie es am Martinstag üblich war. Die Redensart bezieht sich auf Martini als Freß- und Sauffest vor Beginn der Weihnachtsfastenzeit. Vgl. auch französisch ›faire la Saint Martin‹ oder ›martiner‹: gut essen und trinken; ›mal de Saint Martin‹ bedeutet Trunkenheit und ein verdorbener Magen.Bereits der Stricker verspottet das übermäßige ›minnetrinken‹ in seiner ›Martinsnacht‹: Ein reicher Bauer »tranch vil vaste uber maht; also tet daz gesinde sîn«. Währenddessen steigen Diebe in seinen Stall, um das Vieh des Bauern zu stehlen: Der Bauer, durch das Brüllen der Bullen aufgeschreckt, läuft in seinen Stall, wo sich einer der Diebe als heiliger Martin ausgibt und das ganze Hab und Gut des Bauern segnet. Überglücklich trinkt der Bauer weiter die Martinsminne, bis er am nächsten Morgen seinen leeren Stall sieht: »er begunde vaste weinen«.Die Martinsgans überbringen: eine Naturalgabe entrichten. Dorfschullehrer erhielten früher am Martinstag eine solche Gabe.Nach der Legende hat sich der hl. Martin vor seiner Wahl zum Bischof in einem Gänsestall verborgen. Durch ihr Geschnatter verrieten ihn die Tiere. Zur Strafe werden die Gänse deshalb noch immer am Martinstag geschlachtet. Die Wendung ›Er hat viel Mertens Genss helffen essen‹, meint: Er hat lange gelebt.Da am Martinstag ein neuer Zeitabschnitt im bäuerlichen Wirtschaftsjahr beginnt – die Dienstboten wechselten an ihm die Stellung, Zins und Pacht waren fällig (›Martin ist ein harter Mann für den, der nicht bezahlen kann‹ oder ›Wart bis St. Martin!‹) –, wurde er wichtig für viele Weissagungen und besonders für Wetterregeln: Der Martin kommt auf dem Schimmel geritten: er bringt den ersten Schnee und die Kälte mit. Die Gedankenverbindung zwischen dem Schnee und dem Schimmel beruht auf der Legende, in der der wohltätige Reiter seinen Mantel mitleidig geteilt hat. Eine Bauernregel lautet:St. Martin weißNichts mehr von heiß.Die Redensart Martin wirft mit Nüssen besagt, daß stürmisches Wetter herrscht (besonders in Kleve). Das Andenken an den hl. Martin als Gabenbringer kommt hier zum Ausdruck. Einem den Martinsmantel umhängen: jemanden ins Gefängnis bringen. Dies ist eine veraltete euphemistische Freiburger Redensart, da das Martinstor früher als Verlies diente. Ähnlich Wendungen gibt es auch in Berlin, wo das Schuldgefängnis ›Möser‹ hieß: ›In Mösers Ruh sein‹ heißt: im Schuldgefängnis sitzen; es gibt auch ein Sprichwort: ›Hüte dich vor Mösersruh', ist man drin, so ist es zu‹.• C. CLEMEN: Der Ursprung des Martinsfestes, in: Zeitschrift für Volkskunde. 28 (1918), S. 1-14; K MEISEN: Sankt Martin im volkstümlichen Glauben und Brauch, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 19 (1968), S. 42-91; W.W. MOELLEKEN U.A. (Hrsg.): Die Kleindichtung des Strickers, Band III 1, Gedicht Nr. 59: Die Martinsnacht (Göppingen 1975), S. 128-141; I. WEBER-KELLERMANN: Saure Wochen, Frohe Feste (München und Luzern 1985), S. 89; M. GRÄTZ: Artikel ›Gans‹, in: Enzyklopädie des Märchens, Band V, Spalte 676-683; besonders Spalte 679.}Die Martinsgans überbringen. Originalzeichnung von C. Offterdinger: Geschenke der Kinder für den Lehrer. Aus: ›Die Gartenlaube‹, Leipzig 1868, S. 693.
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.