Panik

Panik
In Panik geraten: durch grundlose Angst, Verwirrung und Entsetzen plötzlich unüberlegt handeln und schwerwiegende Fehler begehen (vgl. Torschlußpanik, Tor), kopflos fliehen. Das Substantiv Panik ist erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts von der ebenfalls jungen französischen Bildung ›panique‹ entlehnt, das auf lateinisch ›panicus‹ und griechisch panikos = dem Pan eigen, von Pan ausgehend beruht. Es bezeichnet vor allem die plötzlich auftretende grundlose Furcht, die die Masse bei einem Kurssturz oder Konkurs ergreifen kann, und hat sich durch die Kaufmannssprache verbreitet. Von daher erklären sich auch unsere Redensarten Jemanden in Panik versetzen und Panik erzeugen (hervorrufen): anderen bewußt Furcht einjagen und sie zu kopflosem Verhalten bringen, um selbst Vorteile daraus zu ziehen. Der Begriff der modernen Massenpsychologie kann jedoch ebenfalls auf die Antike zurückgeführt werden. Der von den Griechen verehrte Gott Pan, ein Sohn des Hermes, wurde als Walddämon mit struppigem Haar, Hörnern und Bocksfüßen dargestellt und hat unsere Teufelsvorstellung weitgehend bis heute beeinflußt. Seine plötzliche und unsichtbare Nähe hielt man für die Ursache des bei Mensch und Tier zu beobachtenden Fluchtverhaltens, das rücksichtslos alles mitriß, obwohl es aus einer nur unerklärlichen Furcht entsprang. Außerdem galt Pan als Erfinder der Syrinx, einer Hirtenflöte aus 7 oder 9 Rohrpfeifen, die er abends vor seiner Grotte spielte. Ihr plötzliches Ertönen wurde auch als ein Anlaß für den Panischen Schrecken angegeben. Auch als Traumgott war Pan bekannt, er konnte die menschliche Seele mit wunderbaren Bildern erfüllen, aber auch mit Entsetzen. So erklärten Griechen und Römer sich die nächtlichen heillosen Verwirrungen in den Heerlagern durch blinden Alarm und die wie ansteckend wirkende Massenangst vor einer nur eingebildeten Gefahr. So heißt es z.B. in der 11. orphischen Hymne von Pan in V.7:
   Bringer der Schreckphantasien,
   Erreger der menschlichen Ängste,
und in V.23:
   Bis zu den Grenzen der Erd'
   entsendend das panische Rasen.
Auch die antiken Geschichtsschreiber berichten davon, z.B. schreibt Xenophon darüber, und bei Pausanias (X,23) heißt es über die von den Mazedoniern geschlagenen Gallier: »In der Nacht befilel sie ein panischer Schrecken (pobos Panikos), sie glaubten Pferdegetrappel zu hören und den Feind zu sehen und huben an, sich in ihrer Verblendung untereinander anzugreifen und zu töten«. Cicero verwendet den Ausdruck nur in der griechischen Form und versteht darunter die Schreckensgerüchte wie auch die Kriegsschrecken selbst.
   Im Deutschen begegnet das Adjektiv in der Verbindung ›Panischer Schrecken‹ als Übersetzung des lateinischen ›panicus terror‹, das das griechische panikon deima, panikos pobos wiedergibt, bereits seit dem 16. Jahrhundert. Auch andere bis heute gültige Fügungen, wie Panische Angst, Panisches Entsetzen, sind bereits damals entstanden. Für die Redensart (nur) ein panischer Schrecken sein gibt Johann Fischart 1575 im ›Gargantua‹ (409) einen literarischen Erstbeleg: »Also flohen diese Leut, als ob sie vnsinnig weren, vnnd nichts von sich selbs wüssten, noch wer sie jaget, dann es nichts als ein Panischer Laubplattrauschender schrecken war, den sie jhnen so steif einbildeten, als ob jhnen der Hencker auff dem Rücken wer«. Im 18. Jahrhundert wird die Wendung besonders häufig in der Literatur gebraucht, z.B. auch von Schiller in seinen ›Räubern‹ (II, 3): »Ein panischer Schreck schmeißt alle zu Boden«.
   Böcklin hat den panischen Schrecken sogar bildlich dargestellt.
• H. SCHULZ und O. BASLER: Deutsches Fremdwörterbuch II (Berlin 1942), S. 298f.; KLUGE- GÖTZE (Berlin 16. Auflage 1953), S 544 BÜCHMANN; weitere Literatur Pan.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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