Goldschmied

Goldschmied
Denken wie Goldschmieds Junge. Die Herkunft der Redensart ist noch nicht geklärt, obwohl ihr Sinn deutlich ist; sie drückt eine derb-unhöfliche Absage aus, etwa wie ›Rutsch mir den Buckel runter!‹ oder ›L.m.i.A.‹ ( Arsch). Die Redensart ist eine Art ›Götz-von-Berlichingen-Wendung‹ des 17. und 18. Jahrhunderts und muß sich auf eine eventuell nur lokal erzählte Geschichte von einem Lehrling der Goldschmiedekunst beziehen, die aber noch nicht nachgewiesen ist.
   In Philander von Sittewalds ›Satyrischen Gesichten‹ (Frankfurt 1645) heißt es in dem Gesicht ›Ratio status‹ (3,5):
   Gar fein und lieblich redt die Zung,
   Das Herz denkt wie des Goldschmieds Jung.
Grimmelshausens ›Simplicissimus‹ (1669) bringt zwei Belege (S.139 und 347): »Jedoch stellete ich mich viel anders, als mirs ums Hertz war ... bedanckte mich zumal auch sehr vor seine erwiesene Treuhertzigkeit und versprach, mich auff sein Einrathen zu bedencken, gedachte aber bey mir selbst, wie deß Goldschmids Junge«. Bei Ernst Meisner: ›133 gotteslästerliche schändliche etc. Sprichwörter und sammt derselben Widerlegung‹ (Jena 1705, Nr. 24) finden wir: ›Ich dachte wie Goldschmieds Junge und das Mädchen in der Hölle‹. In den ›Getichten‹ J.F. Riederers von 1711 heißt es (S. 124):
   Zu dem du bist zu klug, als daß dich solches kränkt,
   Zu höflich, als daraus so vieles Gifft zu ziehen.
   Du lässest andre gern mit Sticheln sich bemühen.
   Inmittelst doch dein Herz wie Goldschmieds Junge denkt.
›Ich bin ein Goldschmieds-Jung, deswegen rede ich fein die teutsche Wahrheit, wie es an sich selbst ist‹ (Fr. Sambelle: ›Wolausgepolirte Weiber-Hächel‹ [1714], S. 53). Es gibt sodann mehrere Belege in Volksliedern des 17. und 18. Jahrhunderts; z.B.
   Ich laß michs nit irren
   Noch laß michs verwirren,
   Ich rede und lache,
   Sag: Lache darzu!
   Laß singen und sagen,
   Thu nichts darnach fragen,
   Ich denk mir oft heimlich
   Wie's Goldschmieds sein Bu'.
   (F.W.v. Ditfurth: Deutsche Volks- und Gesellschaftslieder [1872], S. 275).
Die Wendung ist also seit der Mitte des 17. Jahrhunderts literarisch und volkstümlich häufig bezeugt, ist aber auch noch heute in der Volkssprache lebendig, z.B. schwäbisch ›Der hat gesagt wie's Goldschmieds Junge und entlief der Lehre‹ oder ›Ich denk mein Teil, saits Goldschmieds Junge‹; kölnisch ›Dä denk wie Joldschmitsjung‹. Die Redensart findet sich auch im Elsässischen Wörterbuch: ›Er hets gemacht wie des Goldschmieds Junger‹, er hat auf eine heikle Frage oder auf eine Anschuldigung geschwiegen, er blieb auf eine beleidigende Herausforderung die Antwort schuldig. Fragt man nach dem Sinn der Redensart, so erhält man zur Antwort: ›'s Goldschmieds Junger het nix gsagt, het awer denkt: du kanst mich ...‹; vgl. auch Wendungen wie: ›An dem Orte, wo Goldschmieds Junge wollte geküßt sein‹.
   Damit stimmt auch der Rat überein, den schon der Leipziger Poet Henrici (Picander) erteilt (›Ernst und Schertzhafte und Satyrische Gedichte‹ [1732], 3,537):
   Daher wenn eine falsche Zunge
   Dir deine Wahl vor Übel hält,
   So denke nur wie Goldschmieds Junge:
   Es ist genug, daß dirs gefällt.
Etwas gröber deutet er die Gedanken des Goldschmiedsjungen in einem anderen Gedicht (S. 549) aus:
   Oft werden die Gemüther hitzig,
   Wenn sich der falsche Neid entrüst,
   Und wie der Ermel meistens spitzig
   Und sehr bequem zum stossen ist,
   So spricht man zu dergleichen Leuten:
   Küßt mich im Ermel recht mit Macht!
   Und das will eben das bedeuten,
   Was jener Goldschmied hat gedacht.
Sogar in den Schlager ist Goldschmieds Junge eingegangen: ›Mach's wie Goldschmieds Jung, der Jung war schlau‹...
• C. MÜLLER: Goldschmieds Junge, in: Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten 4 (1903), S. 8-9; MÜLLER-FRAUREUTH I, S. 429f.; J. BOLTE: Ich denke wie Goldschmieds Junge, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 11 (1909), S.302f.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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