- Grazie
- Die Grazien haben nicht an seiner Wiege gestanden: sie haben ihm nicht die Eigenschaften als Patengeschenk verliehen, wodurch sie sich selbst auszeichnen: Anmut und Liebreiz. Gewöhnlich braucht man diese kaum ins Volk gedrungene, sondern fast nur literarische Redensart nicht nur, um diesen Mangel angenehmer Gaben auszudrücken, sondern geradezu, um einen häßlichen oder groben, unhöflichen Menschen zu bezeichnen. Goethe verwendet das Bild in den Worten Tassos zur Prinzessin (›Tasso‹ II, 1):Doch, haben alle Götter sich versammelt,Geschenke seiner Wiege darzubringen?Die Grazien sind leider ausgeblieben,Und wem die Gaben dieser Holden fehlen,Der kann zwar viel besitzen, vieles geben,Doch läßt sich nie an seinem Busen ruhn.Außerdem nennt Goethe den griechischen Lustspieldichter Aristophanes einen »ungezogenen Liebling der Grazien«. Diese Bezeichnung ist später auf Heinrich Heine übergegangen. Vgl. französisch ›l'élu des Grâces‹ (gehobene Sprache).• V. MERTENS: Die drei Grazien. Studien zu einem Bildmotiv in der Kunst der Neuzeit (Diss. Freiburg i. Br. 1991).Die Grazien haben nicht an seiner Wiege gestanden. Fresko von Garofalo, Palazzo Costabili, Ferrara Aus: Roberto Longhi: Officina Ferrarese, Firenze 1980, Abbildung 245.
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.