Sattel

Sattel
Einen aus dem Sattel heben: ihn besiegen, ihn verdrängen; eigentlich: ihn im ritterlichen Zweikampf zu Pferd aus dem Sattel werfen ( Sand). Wer aus dem Sattel gehoben war, war nicht nur besiegt, sondern nach den strengsten Tumierbestim-mungen samt Pferd, Rüstung und Wagen
   »Aus dem Sattel werfen»eine Beute des Siegers geworden, in dessen Belieben es stand, ob und wann er den Besiegten freilassen, ob und für welche Summe er ihm Pferd und Waffen zurückgeben wollte. Die Rda. begegnet in übertr. Sinne seit dem 16. Jh.; gebucht ist sie seit 1691 durch Stieler in ›Der Teutschen Sprache Stammbaum‹ (2045). Das Gegenteil ist: sich im Sattel halten, fest im Sattel sitzen: vgl. Goethe im ›Westöstlichen Divan‹: »Laßt mich nur in meinem Sattel gelten!«, und:
   Nein! heut ist nur das Glück erbost!
   Du sattle gut und reite getrost!
Vgl. französisch ›être bien en selle‹.
   In den Sattel setzen. Bismarck schloß eine am 11. März 1867 im Norddeutschen Reichstag gehaltene Rede: »Meine Herren, arbeiten wir rasch! Setzen wir Deutschland, sozusagen, in den Sattel! Reiten wird es schon können« (›Reden‹ III, 184). Er wiederholte das Wort in einer Unterredung mit den Abgeordneten Dietze (Barby) und Lucius am 27. März 1874 und nannte es damals schon ein geflügeltes, indem er sagte: »Ich fürchte, dieses geflügelte Wort muß man wieder streichen«. In seinen ›Gedanken und Erinnerungen‹ (2, 58) schreibt Bismarck im Hinblick auf dieses Wort: »Ich habe nie gezweifelt, daß das deutsche Volk, sobald es einsieht, daß das bestehende Wahlrecht eine schädliche Institution sei, stark und klug genug sein werde, sich davon frei zu machen. Kann es das nicht, so ist meine Redensart, daß es reiten könne, wenn es erst im Sattel säße, ein Irrtum gewesen« (Büchmann) Vgl. französisch ›mettre en selle‹
   Sattelfest sein, In vielen (oder allen) Sätteln gerecht sein: in allem tüchtig, zu allem gut zu gebrauchen sein; die Redensart bedeutet heutzutage ein Lob; das war es z.T. schon im 16. Jahrhundert; vgl. Hans Sachs, ›Klage dreier Hausmägde über ihre Herrschaft‹:
   (Wir) seind doch auff all settel gerecht,
   Ein gantzes jar umb kleinen lon;
ähnlich auch im 16. Jahrhundert in der ›Zimmerischen Chronik‹ (4, 169): »sich zu allen sätteln gebrauchen lassen«, und (2, 251): »Ist zu allen sätteln wie man sprücht, zu schimpf und zu ernst, vor andern seinesgleichen zu gebrauchen gewesen«; verneinend (4, 167): »Es ware ihm kein Sattel gerecht«; dagegen abschätzig 1649 bei Gerlingius (Nr. 74): »Cothurno versatilior. Vnbeständiger als ein zweyfüßiger schuch. Der ist auf alle Sättel gerecht«.
   Vom Sattel leben: vom Raub, vom Erbeuteten leben; so bei Jean Paul (›Aus des Teufels Papieren‹ 1, 72): »Er lebte, wie man aus der deutschen Geschichte weiß, sonst vom Rauben, und hieß es, ›vom Sattel oder Stegreif leben‹«, Stegreif.
   Den Sattel tragen müssen: redensartliche Umschreibung für die alte Strafe desjenigen Freien, der sich gegen seinen Herrn empört hat und nun wieder zum Gehorsam gezwungen wird.
   Auch Einen in den Sattel weisen geht auf einen alten Rechtsbrauch zurück. Man umschrieb damit eine besondere Art der Pfändung von Haus und Hof (Grimm: Rechtsaltertümer, S. 718).
   Noch kräftig draufsatteln: jemandem noch größere Belastungen auferlegen, als er ohnehin schon hat; ein Problem noch zusätzlich schaffen.
   Umsatteln: das Studium, den Beruf wechseln, eigentlich: in einen andern Sattel steigen (so seit dem Ende des 16. Jahrhunderts); vgl. französisch ›changer son fusil d'épaule‹.
Aus dem Sattel werfen. Illustration aus dem Codex Manesse, fol. 61 v.: ›her heinrich von frowenberg beim Tjostieren‹.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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