Sünde

Sünde
Sünde und Schande ist eine seit etwa 1200 belegte, aber vermutlich ältere Formel, die sich bis heute erhalten hat, um ein sehr schandbares Benehmen zu kennzeichnen. So heißt es z.B. verurteilend: Es ist eine Sünde und Schande, wie er sich aufführt. Im 16. Jahrhundert war diese Formel auch im Volkslied üblich. Bei der Hätzlerin (II, 62, 58) steht: »Es ist sünd vond Schand«. Besonders die Mundarten haben die Sprachformel bewahrt, im Schlesischen z.B. sagt man: ›'s is ane Sinde und ane Schande‹. Daneben besteht die Wendung: Es ist Sünde und Jammer.
   Etwas (jemanden) wie die Sünde hassen (meiden): sich vor etwas hüten, einem Menschen aus dem Wege gehen, ihn zutiefst verachten und seinen schlechten Einfluß fürchten.
   Eine Sünde wider den Heiligen Geist begehen: eine schwere Sünde auf sich laden, die nicht vergeben werden kann.
   Die Sünde vergibt dir der Küster: es ist nicht schwerwiegend. Die Redensart wird zur Beruhigung eines Menschen gesagt, der sich zu viele Vorwürfe macht und schon bei Kleinigkeiten große Bedenken und Gewissensbisse hat. In Pommern heißt es mundartlich auch: ›De Sünd' vergivt die de Köster, dâr brukst den Paster nich to‹.
   Das (die) ist eine Sünde wert: eine Sache ist äußerst begehrenswert, daß man sogar die Sünde in Kauf nimmt, daß eine Sünde von vornherein die natürliche Folge ist und man deshalb vor dem eigenen Gewissen als entschuldigt gilt; eine Frau (ein Mädchen) ist so schön, daß die Sünde der Verführung durch den Genuß und das Vergnügen aufgehoben würde.
   Mit seinen Sünden Staat machen: sich seiner bösen Taten noch rühmen, sich damit vor anderen aufspielen und ihre Bewunderung erregen wollen. Bereits Ovid gebrauchte eine ähnliche Wendung: »Gloria peccati nulla potenda tui est«.
   Eine Sünde mit der andern zudecken: immer neue Schandtaten begehen, um die vorigen in Vergessenheit geraten zu lassen und ihre Aufklärung durch die Beseitigung von Hinweisen und Zeugen zu verhindern. Vergleiche lateinisch ›Lutum luto purgare‹.
   Wieder in seine alten Sünden fallen: alte Fehler wiederholen, schlechte Angewohnheiten wieder annehmen, die eine Zeitlang überwunden schienen; vgl. französisch ›retomber dans ses vices‹.
   Der ist auch nicht bei der ersten Sünde gestorben heißt es von einem, der ungestraft immer wieder Böses tut.
   In seinen Sünden umkommen: sehr plötzlich sterben, ohne gebeichtet und seine Sünden bereut zu haben.
   Er ist von Sünden frei wie der Hund von Flöhen: er kann genausowenig wie ein Hund seine Peiniger verlieren und nicht von seinen Sünden lassen. Diese ironische Wendung gebraucht schon Hans Sachs (›Schwänke‹ [Kiel 1827], S. 215): »Er ward seiner Sünden ledig gar und rund, gleich wie seiner Flöh der Hund«.
   Häßlich (schön) wie die Sünde sein: extrem häßlich (schön) sein; vgl. englisch ›to be ugly as sin‹.
   Dumm wie die Sünde sein dumm.
   Schlecht wie die Sünde sein schlecht.
   Aussehen wie die sieben Todsünden aussehen.
• E. SCHRÖDER: Sünde und Schande, in: Sonderausgabe Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 56 (1928); L.R.M. STRACHAN: Ugly as sin, in: American Notes and Queries 189 (1945), S. 64; M.W. BLOOMFIELD: The seven deadly sins. An Introduction to the History of a Religious Concept (Michigan [State College Press] 1952); Artikel ›Sünde und Schuld‹ (Mehrere Verfasser), in: Religion in Geschichte und Gegenwart. VI, Spalte 476-505; E. KIMMINICH: Des Teufels Werber. Mittelalterliche Lasterdarstellung und Gestaltungsformen der Fastnacht (= Artes Populares II) (Frankfurt/M. 1986).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sunde — is a placename and a surname in Norway. Placename* Sunde, Kvinnherad in Kvinnherad municipality * Sunde, Matre in Kvinnherad municipality * Sunde, Sogn og Fjordane in Førde municipality * Sunde, Sør Trøndelag in Snillfjord municipality * Sunde,… …   Wikipedia

  • Sünde — Álbum de Eisbrecher Publicación 22 de agosto de 2008 Género(s) Industrial Productor(es) Noel Pix …   Wikipedia Español

  • Sünde — Sünde: Die Herkunft des westgerm. Substantivs (mhd. sünde, sunde, ahd. sunt‹e›a, niederl. zonde, engl. sin) ist dunkel. In die nord. Sprachen (dän., norw., schwed. synd) gelangte es wohl als Lehnwort mit dem Christentum. »Sünde« bezeichnet von… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Sunde — ist der Name der folgenden Personen: Helge Sunde (* 1965), norwegischer Jazzmusiker und Komponist Olav Sunde (1903–1985), norwegischer Leichtathlet Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselb …   Deutsch Wikipedia

  • Sünde — Sünde. Jeder Fehltritt in dem Leben wird ein Rückschritt in der sittlichen Vervollkommnung. Ihn thut die Sünde. Sie steigt über Linien und Schranken und bricht die verbotene Frucht. Sie irrt auf staubigen Seitenwegen und morastigen Heerstraßen… …   Damen Conversations Lexikon

  • Sünde — Sf std. (8. Jh.), mhd. sünde, ahd. sunta, as. sundia Stammwort. Die christliche Bedeutung Sünde auch in afr. sende, ae. syn(n); sie ist abgeleitet von einem germanischen Rechtswort für Schuld an einer Tat , das bezeugt ist in anord. syn Leugnung …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Sünde — (lat. Peccatum), 1) eigentlich jede Übertretung eines Gesetzes, welche eine Sühne (s.d.) verlangt; bes. 3) jede Übertretung der Gebote Gottes od. des Moralgesetzes, wobei Freiheit des Willens, ein bestehendes Gesetz u. die Bekanntschaft mit… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Sünde — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Auch: • sündigen Bsp.: • Wer ist frei von Sünde? …   Deutsch Wörterbuch

  • Sünde — Sünde, das Widersittliche unter religiösem Gesichtspunkt. Obwohl Paulus, der die Lehre von der S. begründet hat, als Anfang der allgemeinen Sündhaftigkeit nach jüdischer Weise den Sündenfall Adams voraussetzt, so leitet er doch zugleich die S.… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Sünde — Sünde, nach theol. Sprachgebrauch jede Abweichung vom göttlichen Gebot, unterschieden in Erbsünde (s.d.) und Tat S., Gedanken , Wort und Werk S., ferner in Begehungs und Unterlassungs , vorsätzliche oder Bosheits und unvorsätzliche oder… …   Kleines Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”