Ton

Ton
Den Ton angeben: die Richtung bestimmen, maßgebend sein, regelmäßig den Anfang mit etwas machen, worauf es alle anderen nachahmen; auch: ›Tonangebend (der Tonangeber) sein‹.
   Man möchte bei diesen Redensarten heutzutage an einen Dirigenten denken, der den Chorsängern oder den Musikanten den Stimmungston angibt, doch stammen die Redensarten noch aus einer Zeit, in der Ton entsprechend der mittelalterlichen Kunstlehre ›Tonart‹, ›Singweise‹, ›Melodie‹ bedeutet; in übertragenem Sinne seit dem 18. Jahrhundert bezeugt (vgl. italienisch ›dare il tono‹, französisch ›donner le ton‹; englisch ›to give the tone‹). »Daß in einer Residenz sich alles nach dem Ton stimmt, den der Fürst angiebt«, schreibt der Freiherr v. Knigge (›Roman meines Lebens‹ 3, 11), der durch sein Buch ›Umgang mit Menschen‹ wesentlich zur Verbreitung seines Lieblingsausdrucks Der gute Ton (vgl. französisch ›le bon ton‹), d.h. die in einer gesellschaftlichen Schicht übliche Umgangsart, beigetragen hat. Gottfr. Keller (6, 236): »Damit er ohne Verletzung des guten Tons alle der Reihe nach ansehen konnte«. Entsprechend Ein ungezwungener Ton: ein nicht streng an gesellschaftliche Anstandsregeln gebundenes Verhalten.
   Ein oft zitiertes Sprichwort unbekannter Herkunft heißt: ›Der Ton macht die Musik‹. Es will darauf hinweisen, daß die Art und Weise, wie man etwas ausdrückt oder vermittelt, oft wichtiger ist als der Inhalt des Gesagten selbst; vgl. französisch ›C'est le ton, qui fait la musique‹.
   Sich einen anderen Ton ausbitten: ein freundlicheres Verhalten; wienerisch ›I bitt' mir an andern Ton aus‹. In einen anderen Ton verfallen, Den Ton wechseln: sein Verhalten ändern.
   Nun gehts aus einem anderen Ton: nun werden strenge Saiten aufgezogen; also ursprünglich: Jetzt sollt ihr ein anderes Lied, eine andere Melodie singen. So im 16. Jahrhundert in der ›Zimmerischen Chronik‹ (II, 274): »So Herr Heinrich die zeit erlept haben sollt, wurt er schenk Eberharten auß chraft der acht ain anders liedlein haben singen lernen«.
   Eine schärfere Tonart anschlagen: energischer, ungeduldiger mit jemandem reden; unumwunden sagen, was einem nicht behagt.
   Den Ton verloren haben: außer Fassung sein, sich nicht mehr zu raten und zu helfen wissen, auch: Keinen Ton herausbringen.
   Keinen Ton verlauten lassen: nichts andeuten oder verraten.
   Eine Anzahl von sprichwörtlichen Redensarten weist auf die Gleichsetzung von Ton und gesprochenem Wort hin, die seit mittelhochdeutscher Zeit bezeugt ist. Rede doch keine Töne: mach keine Geschichten, Umschweife, ist eine ursprünglich studentensprachliche Redensart. Elsässisch ›Du has wider bsundere Tön im Kopf‹, Gedanken, Späße.
   Dicke (oder große, hohe) Töne spucken (reden, kotzen, schwingen): mit Worten sich großtun, großspurige Reden führen, prahlen, ist eine junge umgangssprachliche Redensart. Jemanden in den höchsten Tönen loben: ihn überschwenglich loben.
   Haste Töne?, oft mit dem scherzhaften Zusatz: ›Ik hab keene‹, ein aus dem Berlinerischen stammender Ausruf des Staunens; Parallelbildung zu: ›Hast du Worte?‹; ähnlich: ›Hat der Mensch (noch) Töne!‹: Das verschlägt einem die Sprache.
   Da haste keine Töne mehr!: da bist du äußerst verblüfft, eine junge Redensart, die ebenfalls aus der Berliner Umgangssprache stammt. In diesen Wendungen bedeutet Ton soviel wie ›Wort‹; vgl. ›Er red't keen Ton‹; ›Nu sagen Se aber keen Ton mehr, nich mal Anton!‹
   Red keine Töne: red keinen Unsinn; etwa seit 1900 aufgekommen.
   Einen Ton am Leibe haben: ungebührlich sprechen, meist etwa in der Form: ›Hat der aber einen Ton am Leibe!‹ Sich im Ton vergreifen: etwas unpassend formulieren.
   Nicht alle Töne auf der Flöte haben, nicht alle Töne auf der Zither haben: nicht recht bei Verstand sein; berlinerisch seit etwa 1920.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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