Zahnbrecher

Zahnbrecher
Schreien wie ein Zahnbrecher: laut und aufdringlich schreien, eigentlich: seine Geschicklichkeit selbst lobend bekanntgeben, sich laut rühmen.
   Die Redensart bezieht sich auf das früher übliche marktschreierische Anpreisen der ärztlichen Kunstfertigkeiten durch die wandelnden Quacksalber und Kurpfuscher nach Art des Wunderdoktors Eisenbart. In einem Lied, das ihn und diese Art der Selbstanpreisung verspotten will, da die geschilderten Wunderkuren meist zum Tod des Patienten führen, heißt es in einer Strophe:
   Zu Wien kuriert ich einen Mann,
   Der hatte einen hohlen Zahn.
   Ich schoß ihn raus mit der Pistol,
   Ach Gott, wie ist dem Mann so wohl!
Um möglichst viele ›Kunden‹ zu bekommen, ließ der ›Wunderdoktor‹ oder Zahnbrecher auf dem Markt ein Gerüst aufschlagen und stellte darauf sich selbst und seine bisher erzielten, weitbekannten Erfolge in schwungvollen Reden dar. Davon zeugen auch die Wendung ›schreien, wie eyn hauffen Zanbrecher auff eym Marckt‹ (Fischart, ›Bienenkorb‹ 84b) und das Sprichwort ›Wer am besten schreien kann, das ist der beste Mann‹. Der redensartliche Vergleich ist im 16.
Jahrhundert, z.B. bei Caspar Scheit, Hans Sachs u.a., sehr beliebt gewesen; in den Mundarten ist er heute sehr geläufig, z.B. schleswig-holsteinisch ›He schrêt as en Tänbrêker‹.
   Ähnlich: Wie ein Zahnbrecher lügen: mit seiner Geschicklichkeit und Kunst prahlen, die selten wirklich vorhanden ist. Vergleiche französisch ›Il ment comme un arracheur de dents‹. Als bekanntestes Beispiel eines vagierenden Zahnarztes gilt der große österreichische Schauspieler Joseph Anton Stranitzky, gleichzeitig Erfinder des Hanswursts. Auf der Bühne zeigte er seine Späße und zog anschließend faule Zähne.
   In der Schweiz zogen noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts solche Zahnbrecher herum, wie es z.B. der ›Haus- und Wirthschafts-Kalender des Schweizerischen Republikaners‹ 1835 abwertend beschreibt.
• U. BRUNOLD-BIGLER: Das Bild des Nichtseßhaften in schweizerischen Volkskalendern des 18. und 19. Jahrhunderts aus: St. Galler Kultur und Geschichte 18 (1988), S. 338.}
Zahnbrecher (›Schreien wie ein Zahnbrecher‹). Jan Steen: Zahnbrecher, Mauritshuis, Den Haag, Foto: A. Dingjan, Den Haag.
Zahnbrecher. Kupferstich, HWK 1835, aus: St.
   Galler Kultur und Geschichte 18 (1988). Aus: Ursula Brunold-Bigler: Das Bild des Nichtsesshaften in schweizerischen Volkskalendern des 18. und 19. Jahrhunderts.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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