Draht

Draht
Wie am Draht gehen: steif und aufgerichtet gehen wie eine Drahtpuppe im Puppentheater. Die Redensart ist im Aussterben begriffen. Ein ›Drahtzieher‹ ist eigentlich der Mann, der im Marionettentheater hinter den Kulissen seine Puppen am Draht führt, übertragen: jemand, dessen Lenkungskünste nicht in Erscheinung treten; in neuerer Zeit vor allem als politisches Schlagwort gebraucht.
   Der ›Drahtzieher‹ war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein wichtiger Handwerker, der durch das Ziehen eines Metallstabes durch das Zieheisen mit immer kleineren Ziehlöchern immer dünnere Drähte herstellte.
   Die Redensart Draht ziehen (niederdeutsch trecken): sich derb und ohne Scheu aussprechen, bezieht sich auf das durch harte Arbeit geprägte rauhe Verhalten. Die Redensart hat in den Mundarten öfters auch andere Bedeutung, z.B. schwäbisch ›betteln, fechten‹, norddeutsch besonders ›eilig davonlaufen‹, vielleicht unter dem Einfluß der Wendung ›Leine ziehen‹ ( Leine). In unserem Jahrhundert sind verschiedene heute sehr beliebte Redensarten vom Telephon- oder Telegraphendraht, d.h. aus der technischen Fachsprache hergenommen worden, so Auf Draht sein: auf der Höhe sein, sich ständig für Aufgaben bereit halten, tüchtig und lebhaft sein; auch: in guter Stimmung sein, die günstige Gelegenheit wahrnehmen, seinen Vorteil geschickt zu nutzen wissen.
   Jemanden auf Draht bringen: ihn in lebhaftere Tätigkeit versetzen; vgl. auch ›drahtig‹, tüchtig, straff. Zu jemandem einen Draht haben: zu jemandem eine unmittelbare Verbindung, Beziehung haben; vgl. französisch ›donner un coup de fil a quelqu'un‹ (umgangssprachlich).
   Solche Wendungen kommen schon Ende des 19. Jahrhunderts auf; Bismarck erklärte z.B. 1891 der Wiener ›Neuen Freien Presse‹: »Der Draht ist abgerissen, welcher uns mit Rußland verbunden hat«. Der heiße Draht ist die heutige Bezeichnung für eine speziell installierte Telefonleitung zwischen den Hauptstädten der Großmächte für den (heißen) Ernstfall.
   Draht in der Bedeutung von ›Geld‹ stammt aus der Gaunersprache. Von da ist in die Umgangssprache übernommen: Ihm ist der Draht ausgegangen: er kann nicht mehr bezahlen, aber auch: er kann nicht mehr weiterarbeiten.
   Einen Drahtseilakt vollführen: ein wahrer Balancekünstler sein, in übertragenem Sinne: eine gefährliche Situation meistern, sich trotz aller Schwierigkeiten zu behaupten wissen.
   Nerven haben wie Drahtseile Nerven, Seil(tänzer).
• H. BECK und H. DRESCHER: Artikel ›Draht‹, in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde v. Hoops VI, S. 140-152.
Drahtzieher. Halbautomatische Drahtmühle Nürnberger Art, 1540, aus: Handwerk und Sachkultur im Spätmittelalter, Wien 1988, Abbildung 18a.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Draht [1] — Draht, fadenförmige Metallware, meist zylindrisch, von großer Länge und geringem Durchmesser, die gewöhnlich in Form von aufgewickelten Ringen in den Handel kommt. Draht wird aus fast allen dehnbaren Metallen hergestellt. Guter Draht muß… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Draht — Draht: Das altgerm. Wort mhd., ahd. drāt, niederl. draad, engl. thread, schwed. tråd ist eine Partizipialbildung zu dem unter ↑ drehen behandelten Verb und bedeutet eigentlich »Gedrehtes«. Außergerm. verwandt ist z. B. griech. trē̓tos… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Draht — Sm std. (11. Jh.), mhd. drāt, ahd. drāt, as. thrād Faden Stammwort. Aus g. * þrǣdu m. Draht , auch in anord. þráđr Faden, Leine , ae. þrǣd, afr. thrēd, eigentlich der Gedrehte (tu Abstraktum zu drehen). Der gezogene Metallfaden ist nach dem… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Draht [1] — Draht, Faden von größerer oder geringerer Dicke aus dehnbarem Metall: Eisen, Stahl, Kupfer, Messing, Tombak, Neusilber, Silber, Gold, Phosphorbronze, Platin, Aluminium, Zink, Zinn und Blei …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Draht — Draht, 1) zusammengedrehter Faden; 2) das Zusammendrehen eines Fadens, daher 2, 3, 4 drähtiges Garn; 3) (Schuhm.), so v.w. Pechdraht; 4) Faden von Metall, nach dessen Verschiedenheit man Gold , Platin , Silber , Messing , Kupfer , Eisen D. hat;… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Draht [2] — Draht (Drall, Drehung, tors, twist), Grad der Drehung der Gespinste, der durch die Anzahl schraubenförmiger Windungen ausgedrückt wird, die der Faden auf bestimmte Länge, z.B. 1 cm oder 25 mm oder 1 Zoll engl. u.s.w. enthält. Garne gleicher… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Draht [2] — Draht, die schraubenförmige Drehung des Garnes, die demselben Festigkeit erteilt. Vgl. Garn …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Draht — Draht, lange dünne Fäden aus Metall hergestellt, indem die Metallstäbe entweder durch eine Reihe allmählich enger werdender Löcher einer Stahlplatte (Zieheisen) mittels Zangen oder einer Vorrichtung mit Rädern (Ziehbank, Leierwerk) gezogen, oder… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Draht — Draht, fadenartig ausgezogenes oder ausgewalztes Metall von verschiedener Dicke und Form, ein Fabrikat von der ausgedehntesten und vielseitigsten Anwendung. Man benützt daher Eisen, Stahl, Kupfer, Tomback, Messing, Silber, Gold, Platin. Die… …   Herders Conversations-Lexikon

  • draht — draht·haar; …   English syllables

  • Draht — der; [e]s, Drähte …   Die deutsche Rechtschreibung

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