Dreck

Dreck
In vielen Kraft- und Scheltworten, in Redensarten und Ausdrücken gebrauchen Umgangssprache und Mundarten das Wort Dreck; es bedeutet das Wertlose, Nichtige, ist auch oft identisch mit dem Anstößigen oder Unangenehmen, kann aber auch als Synonym für ›Geld‹ gebraucht werden. In Bayern kann zu dem Verächtlichsten gesagt werden: ›Du bist dem Dreck sei Dreck‹, zugleich aber auch die Liebste zärtlich angeredet werden: ›O du Dreckel du!‹. Nach diesen Gesichtspunkten ergibt sich eine Einteilung der zahlreichen Redensarten.
   Dreck als Bild des Unnützen und Wertlosen: Sich einen Dreck um etwas kümmern: sich nicht darum kümmern; ebenso im Gegenteil: Sich um jeden Dreck kümmern; Sich an jedem Dreck stoßen: an allem Anstoß nehmen, sich über alles und nichts ärgern, schon bei Fischart: »Sorgen macht worgen: vnnd macht euch also vnleidlich, daß jr an ein jeden Treck stoset, der im weg ligt« (Geschichtklitterung, 75 [1575], Neudruck); Sich bei jedem Dreck aufhalten: bei Unwichtigem, bei jeder Kleinigkeit; Einen Dreck wissen (davon verstehen): nichts wissen; Sich um einen Dreck zanken; Einen Dreck wert sein: völlig wertlos im Vergleich; Das geht dich einen (feuchten) Dreck (Kehricht) an: das geht dich nichts an; Seine Nase in jeden Dreck stecken: sich um alles kümmern, wohl vom schnüffelnden Hund hergeleitet.
   Dreck in der Bedeutung ›Widriges, Anstößiges, Unangenehmes‹: Dreck am Stecken (am Ärmel) haben: kein reines Gewissen haben, ein Heuchler sein. Wer durch Dreck gegangen ist und sich die Schuhe abgeputzt hat, um sauber zu erscheinen, der trägt am Stecken (bzw. am Ärmel) doch noch die verräterischen Spuren mit sich herum; an seinem Stecken bleibt immer etwas haften, das gegen ihn spricht. J. Gotthelf (›Die Käserei in der Vehfreude‹ [1850], 447) bringt den ›Dreck am Stecken‹ in Verbindung mit Lügengeschichten: »Du kannst der Lügner sein und den Dreck am Stecken haben«.
   Du hast wohl Dreck in den Augen (Ohren, Händen)? fragt man tadelnd die, welche beim Hinsehen, Zuhören, Zugreifen oder Festhalten nicht aufpassen. Durch Dreck und Speck: durch großen Dreck, ist soviel wie ›Durch dick und dünn‹; ›Dreck und Speck‹ (durch Lautgleichheit miteinander verbunden) gehört zu den formelhaften stab- oder endreimenden Wendungen wie ›Sack und Pack‹, ›Saus und Braus‹, ›Mann und Maus‹ usw., ach und Bausch.
   Im Dreck sitzen (stecken): in Not und Bedrängnis sein, wie das Fuhrwerk, das im Kot versunken ist und sich ohne fremde Hilfe nicht befreien kann; vgl. französisch ›être dans la merde‹ (umgangssprachlich);
ähnlich Es geht ihm dreckig; Aus dem größten Dreck heraus sein: das Unangenehmste hinter sich haben; In den Dreck treten: etwas Unrechtes tun, einen Fehltritt begehen und sich dadurch in Ungunst setzen; Jemanden in den Dreck treten: ihn unwürdig behandeln, nach Hiob 30, 19; Etwas (jemanden) in (durch) den Dreck (Kakao) ziehen: Häßliches, Verleumderisches über etwas (jemanden) sagen; Sich um seinen eigenen Dreck kümmern, ähnlich wie die Redensart ›Vor seiner eigenen Tür kehren‹, Tür; vgl. französisch ›se mêler de ses oignons‹ (wörtlich: sich um seine eigenen Zwiebeln kümmern).
   Besonderer Dreck ist gemeint in der Redewendung: Den (alten) Dreck rühren, daß er stinkt: alte Dinge wieder aufwärmen; schon bei Geiler von Kaysersberg belegt, dann auch bei Thomas Murner: »den dreck rütlen, das er stinckt«; desgleichen in: ›Fastnachtsspiele aus dem 15. Jahrhundert‹ (1853), 527,17: »ie mer man den dreck rurt, ie fester er stinkt« und bei Henisch (Teütsche sprach und weißheit [1616], 746): »wer mit einem dreck rammelt, er gewinne oder verliere, so bekompt er doch beschissen hend«. Diese Redensart wird zumeist im übertragenen Sinne verwendet; entsprechend englisch: ›The more you stir, the worse you stink‹. Sie bezieht den üblen Geruch nicht auf die aufgerührte Sache, sondern auf die Person, die den ›Dreck am Stecken‹ hat und der der schlechte Geruch anhaftet. Diese Ansicht begegnet schon bei H. Sachs (4, 2, 1 18): »dem sprichwort nach, wer mit dreck ficht, der bleibt von ihm nicht unbeschissen«.
   Mit Dreck werfen oder Dreck schleudern: Verleumdungen ausbreiten, Dreckschleuder.
   Obersächsisch ›einen ins Dreckgässel führen‹, ihn in eine Verlegenheit bringen; ›einen ganz und gar zu Dreck loben‹, ihn überschwenglich loben und herausstreichen. Westfälisch ›den Dreck in't Hûs fegen‹, sich selbst schaden. ›Dreckig lachen‹, schadenfroh sein.
   Dreck steht in neueren Redensarten als Ausdruck der Verachtung: Der letzte Dreck sein: zum Auswurf der menschlichen Gesellschaft gehören; Sich wie das letzte Stück(chen) Dreck benehmen: äußerst schlecht; Jemanden wie den letzten Dreck behandeln: unwürdig, voller Verachtung.
   Einen Dreckeimer (Dreckkübel) über jemanden ausleeren: ihn mit unflätigen Worten beschimpfen.
   Aus dem 20. Jahrhundert stammt die Redensart: Etwas wird (wurde) in den Dreck geschmissen: nutzlos vergeudet.
   Geld wie Dreck haben Geld.
   Die Karre aus dem Dreck ziehen Karre.
• A. VERWAETERMEULEN: »De moze (modder) spletten«, in: Biekorf 40 (1934), S. 32; K. SPAL-
DING: A note on German ›Dreck am Stecken‹, in: Archivum linguisticum 10 (1958), S. 43-47; T.B.W. REID: »The dirty End of the Stick«, in: Revue linguistique romane, 31 (1967), S. 55-63.
Den Dreck rühren, daß er stinkt. P.e.R., Plate XXXVI.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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