Eckart

Eckart
Der (ge)treue Eckart steht sprichwörtlich für einen alten, erfahrenen, treuen Warner, er ist ein Sinnbild der Treue; schon mittelhochdeutsch ist ›getriuw‹ sein ständiges Epitheton.
   Eckart ist eine Gestalt sowohl der schriftlich fixierten Heldendichtung des Mittelalters wie noch der mündlichen Volkssage der Neuzeit. Er ist zunächst eine der ältesten Gestalten der germanischen Heldensage; er war der treue Hüter der jungen Harlunge. Sein Name ist bis heute lebendig geblieben, während der seines ungetreuen Widersachers Ermanrich im Volksmund vergessen ist. Vor allem in der Epik um Dietrich von Bern ist Eckart eine wichtige Figur, die umsichtige Ratschläge oder Warnungen an die Haupthelden erteilt. Auch in der Thidreksaga tritt Eckart besonders als Warner auf. Sodann trug im Nibelungenlied einer der Markgrafen Rüdigers diesen Namen; in der 26. Aventiure erscheint er als Hüter an der Grenze von Rüdigers Mark und warnt die ankommenden Burgunder vor der Fortsetzung ihrer Fahrt. In der ›Moerin‹ des Hermann von Sachsenhausen (Ausgabe E. Martin. [Tübingen 1878], V. 204ff., 3906ff.) tritt der ›Eckart alt‹ auf, der sich zum treuen und klugen Anwalt des gefangenen Ritters aufwirft.
   Historisches Vorbild war wahrscheinlich Eckart I.
von Meißen, ein thüringischer Markgraf, der sowohl durch seine siegreichen Grenzkämpfe gegen die Wenden und Böhmen als auch durch seine ritterliche Tugend und Treue zu Kaiser Otto III. einer der berühmtesten Männer seiner Zeit und einer der ersten Vasallen des Reiches geworden war. Aber erst auf einen Nachkommen dieses Mannes, auf den Markgrafen Eckart II., wurde zum ersten Mal in der Geschichte der rühmende Zusatz eines ›treuen Eckarts‹ angewandt, bezeugt in einer Schenkungsurkunde des Kaisers Heinrich III. vom Jahre 1041.
   In der mündlich überlieferten Volkssage begegnet uns der treue Eckart in einer ganz anderen Funktion: er sitzt vor dem Eingang zum Venusberg und warnt im Kleide des Einsiedlers und im Ton eines priesterlichen Beraters. Auch in der Ausgabe von Murners ›Geuchmat‹ (Basel 1519) erscheint auf dem Bild zum Kapitel ›Frouw Venus berg‹ ein alter Mann in bürgerlicher Tracht, der das junge Liebespaar, das in den Venusberg eintreten will, mit erhobener Hand warnt. Ebenso sitzt Eckart in der Tannhäuser-Volksballade des späten Mittelalters als Warner vor dem Berg der Frau Venus. Daher auch das von Agricola ausgelegte Sprichwort: »Du bist der trewe Eckart, du warnest yedermann«. Aventin sagt in seiner ›Bayerischen Chronik‹ von 1526: »ist noch ein sprichwort: ›ich gewarn dich als der treu Heccard‹«.
   Noch in der neuzeitlichen Volkssage warnt der treue Eckart vor dem wilden Heer. Goethes bekannte Ballade ›Der getreue Eckart‹ hat die Gestalt nach der Sage (Grimm, Deutsche Sagen der Brüder Grimm Nr. 7) erneuert; Goethes Quelle war eine Stelle in den ›Saturnalia‹ des Praetorius (1663): »In Thüringen liegt ein Dorf Schwarza, da zog zu Weihnachten Frau Holle vorüber und vorn im Haufen ging der treue Eckart und warnte die begegnenden Leute ...«. Ganz frei verwendet Goethe das Motiv in dem Epigramm ›Vergebliche Müh‹:
   Willst Du der getreue Eckart sein
   Und jedermann vor Schaden warnen,
   S'ist auch eine Rolle, sie trägt nichts ein:
   Sie laufen dennoch nach den Garnen.
Schließlich hat der treue Eckart auch in Klopstocks ›Gelehrtenrepublik‹ Einlaß gefunden, als Urgroßvater des Aldermanns Eckart, eines ›guten Greises‹, der recht von deutschen Sprichwörtern trieft und sich in seiner belehrenden Art glücklich in dieses altdeutsche Milieu einfügt.
• S. SINGER: Artikel ›Eckart‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens II, Spalte 541-544; G. BIRKENFELD: Die Gestalt des treuen Eckart in der deutschen Sage und Literatur (Diss. Berlin 1924); D.-R. MOSER: Die Tannhäuser-Legende (Berlin-New York 1977).
Ein getreuer Eckart. Holzschnitt aus Thomas Murners ›Geuchmatt‹, 1519: Der treue Eckart als Wächter vor dem Venusberg.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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