ankratzen

ankratzen
(Guten) Ankratz haben: sehr begehrt sein, viel umworben werden. Wird vor allem von jungen Mädchen gebraucht, um die sich die Männer werbend drängen.
   Die Herkunft der Redensart ist noch nicht eindeutig geklärt. Man hat sie ebenso vom Einlaß begehrenden Kratzen des Hundes an der Haustüre herleiten wollen wie aus der Mode des Kratzfußes, womit einst höfliche Verehrer ihre Dame begrüßten. Da die Wendungen ›Ankratz haben‹ und ›viel Ankrehens haben‹ dasselbe meinen, ist auch die Herleitung von der Beobachtung eines Hahnes denkbar (vgl. auch ›Hahn im Korbe sein‹), der vor den Hennen den Boden kratzt und ihnen Würmer und Körner überläßt, um sich damit bemerkbar und beliebt zu machen. Damit erklärte sich auch die ursprüngliche Beschränkung der Redensart auf Mädchen. Obersächsisch ›sich bei jemandem ankratzen (einkratzen)‹, sich einschmeicheln, sich lieb Kind machen; berlinisch ›sich 'n Bräutjam ankratzen‹, sich einen Mann angeln.
   Ursprünglich ist die Redensart nur von Mädchen gebraucht worden. Wenn sie später auch auf Männer angewandt wurde, so war eben ihr Anlaß in Vergessenheit geraten. Die Redensart stammt aus dem 16. Jahrhundert, war eine Zeitlang verschollen und ist jetzt wieder in der Teenagersprache aufgetaucht.
   Zu Ankratz und ankratzen gehört auch das Wort ›ankrähen‹. Während man obersächsisch von den Mädchen, die beim Tanz sitzen bleiben, sagt ›sie haben keinen Ankratz‹, heißt es von ihnen westfälisch, daß sie ›gar keinen Ankrieg hewwen und ümmer op der langen Bank Sitten‹. Dieses ›Ankrieg‹ ist aber wohl soviel wie hochdeutsch ›Ankräh‹, und dazu stimmt die aus dem 16./17. Jahrhundert bezeugte Redensart ›Viel Ankrehens haben‹. Der Prediger Mathesius (1504-65) sagt in seiner ›Sarepta oder Bergpostille‹ (Bd. 2, S. 57): »Bergwerck haben viel Ankrehens«, und Lehmann schreibt 1639 (S. 711; Schönheit 50): »Schöne Leute ... haben viel ankrehens«. Im Gegensatz dazu steht die Redensart ›Da kräht kein Hahn danach‹, Hahn.
   Jemanden ankratzen: leicht verwunden, kam bei den Soldaten 1870/71 auf; seit 1933 wird es als Euphemismus für das Hinrichten gebraucht. Im 20. Jahrhundert erscheint die Wendung in erweiterter Bedeutung als angekratzt sein: nicht mehr jung, nicht mehr ganz gesund und kräftig sein. Die Redensart beruht auf dem Vergleich mit Gegenständen, die bei langem Gebrauch Kratzer und leichte Schäden erhalten, ihre Schönheit verlieren.
• O. WEISE: Ankratz haben, in: Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten 7 (1906), S. 13; RICHTER-WEISE, Nr. 5; GÖHRING, Nr. 10, S. 8;
KRÜGER-LORENZEN I, S. 16.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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