Wiese

Wiese
Etwas auf der grünen Wiese errichten: etwas neu schaffen. Diese seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Redensart hat sich noch bis in die Gegenwartssprache erhalten. 1955 stand z.B. in der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ (Nr. 146, S. 9): »Rossenray ist seit 15 Jahren die einzige Schachtanlage im Ruhrgebiet, die auf der grünen Wiese errichtet wird«. Und heute liest man allenthalben von ›Supermärkten, die auf der grünen Wiese errichtet wurden‹ (wo der Boden billig und reichlich Platz zum Parken vorhanden ist).
   Wasser auf seine Wiese leiten: seinen eigenen Vorteil suchen. Adelung (IV, 1540) bucht 1801: »Das ist Wasser auf seine Wiese«, das ist von Vorteil für ihn ( Mühle, Wasser). Dagegen: Fremde Wiesen wässern: unberufen Geschäfte für andere besorgen und davon weder Lohn noch Dank haben.
   Das ist (mir) eine gemähte Wiese: eine erwünschte Gelegenheit; vor allem im bairischen und österreichischen Mundart-Gebiet. Schriftsprachlich griff die Redensart seit dem 16. Jahrhundert über das Bairische hinaus: »Das war nun eine gemähete Wiese vor ihn« (Grimmelshausen II, 544). Bei Ignatius Ertl (›Sonn- und Feyer-Tägliches‹ Tolle Lege [München 3. Auflage 1715], S. 224) heißt es auch: »Das ware dem Weib eine gemaehte Wiesen / wer war froeher / als sie?«, als ihr Mann erblindete und sie nun Aussicht hatte, sich mit ihrem Liebhaber unbeobachtet vergnügen zu können.
   Auf neuer (fremder) Wiese grasen (mähen) sind verhüllende, für das 15. und 16. Jahrhundert bezeugte Redensarten, die sich auf das Sexualleben beziehen.
   Frau, habt ihr uns verstanden recht,
   so gebt eur tochter ainn jungen knecht,
   der wol auf neuer wisen kan meen.
   (Fastnachtsspiele 2, 749, Bibliothek des Literatur Vereins Stuttgart)
Seine Wiese pflastern lassen: etwas Unsinniges, Absurdes tun. 1641 Harsdörffer (›Gesprächsp.‹ 3, 74): »Desgleichen ist die That oder Rath dessen, der seine Wiesen hat wollen pflastern lassen«. Vergleiche englisch ›He paves the meadow‹.
   ›Auf die Wiesn gehn‹: auf das größte Volksfest zum Feiern gehen (›Heut gehn ma auf die Wiesn‹). Gemeint ist die Theresien-Wiese, seit 1810 Schauplatz des berühmten Münchner Oktoberfestes. Der Titel eines Gedichtes des Komikers Weiß Ferdl entspricht der redensartlichen Wendung
• K. BAUER und F. FENZL: 175 Jahre Oktoberfest (München 1985).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Wiese — [Aufbauwortschatz (Rating 1500 3200)] Auch: • Weide Bsp.: • Ich pflückte Blumen auf der Wiese …   Deutsch Wörterbuch

  • Wiese [1] — Wiese, 1) ein meistens ebener, freier, mit Rasen bewachsener Platz; 2) Grundstück, welches mit einer aus verschiedenen Kräutern u. Gräsern bestehenden Grasnarbe überzogen ist, welche theils abgeweidet, theils gemäht u. entweder als Grünfutter… …   Pierer's Universal-Lexikon

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  • Wiese [2] — Wiese, rechtsseitiger Nebenfluß des Rheins im südlichen Baden, entspringt am Feldberg, durchfließt das romantische, industriereiche Wiesental und mündet nach einem Laufe von 82 km unterhalb Basel. Vgl. Meisinger, Volkswörter und Volkslieder aus… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wiese [4] — Wiese, 1) Ludwig, preuß. Schulmann, geb. 30. Dez. 1806 in Herford (Westfalen), gest. 26. Febr. 1900 in Potsdam, studierte in Berlin Theologie, Philosophie und Philologie und wurde 1830 Lehrer am Friedrich Wilhelms Gymnasium in Berlin, 1831… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wiese — Wiese, Fluß im bad. Schwarzwald, mündet nach 82 km unterhalb Basel r. in den Rhein …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Wiese [2] — Wiese, Ludw., Pädagog, geb. 30. Dez. 1806 zu Herford (Westfalen), 1852 75 Referent für das evang. Gymnasial und Realschulwesen im preuß. Unterrichtsministerium, gest. 26. Febr. 1900 in Potsdam; schrieb: »Das höhere Schulwesen in Preußen« (4 Tle …   Kleines Konversations-Lexikon

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