Klee

Klee
Jemanden (etwas) über den grünen Klee loben: ihn (eine Sache) über Gebühr loben, ihn in übertriebener Weise rühmen und seine guten Eigenschaften besonders herausstellen, eigentlich jemanden oder etwas noch höher schätzen als den grünen Klee, der bereits in mittelhochdeutscher Zeit zum Inbegriff des Frischen und Lebensvollen und des kräftig Gedeihenden geworden war. Die mittelhochdeutschen Dichter verwandten den Klee in zahlreichen Vergleichen, z.B. ›Grün wie Klee‹ und ›Grüner als Klee‹. Schon früh wurde der mit Kleeblumen gezierte Rasen im Volksmunde und von den Dichtern kurz als ›Klee‹ bezeichnet und gewann in der Liebeslyrik – ebenso wie im Märchen (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 129) – die besondere Bedeutung von Frühlingshaftem, erster Liebe und Schauplatz der Begegnung und des Abschiedes. Unsere Redensart bezieht sich wahrscheinlich auf diesen dichterischen Lobpreis des Klees im Mittelalter, der späteren Zeiten bereits als zu übertrieben erschien, so daß etwas, was noch darüber hinausging, als groteske Steigerung aufgefaßt werden mußte. Als Walther von der Vogelweide (28,9) um ein Lehen bittet und sein Wandertum ohne eigenen Besitz beklagt, meint er im Gegensatz dazu von einem, der ein eigenes Haus und ein blühendes Anwesen dabei hat: »Sô mac der wirt wol singen von dem grüenen klê«.
   Die kräftige grüne Farbe des Klees wurde im Vergleich besonders hervorgehoben, z.B. rühmt Neidhart (36,7) an einer Frauentracht aus Barchent deren Farbe:
   Diu ist von barkane
   grüene also der kle.
Besonders im Volkslied wurde der Klee seit dem 16. Jahrhundert sehr beliebt und erhielt verschiedene symbolische Bedeutungen. Die Geliebte selbst konnte als »des Herzens Klee« bezeichnet werden, der ›grüne Klee‹ wurde wie der Garten oder der Rosengarten zum Ort der Liebesbegegnung, z.B. heißt es in einem Lied aus dem Odenwald (E.B. II, Nr. 530b, Str. 2):
   Komm zu mir in Garten,
   Komm zu mir in Klee,
und in einem Abschiedslied aus Westfalen (E.B. II, Nr. 766a, 3. und 4) folgt der Wechselgesang:
   Von der Lieb zu scheiden,
   das thut sehr weh;
   Im Rosengarten
   Will ich dein warten
   Im grünen Klee.
   Brauchst meiner nicht zu warten
   im grünen Klee;
   Frei dir eine Reiche,
   Die deines Gleichen,
   Laß mich Arme stehn.
Häufiger ist die formelhafte Verbindung mit bestimmten Blumen. Zum Beispiel sind ›Batenke (Schlüsselblumen) und Klee‹ im Strauß ein Zeichen verschmähter Liebe. So klagt das verlassene Mädchen im Schwarzwald (E.B. II, Nr. 703,1):
   Batenka muß i breche,
   Schön Sträußele d'rauß mache
   Aus lauter Batenka und Klee:
   I han jo koi Schätzele meh.
Die Wendung ›in Veiel und grünen Klee‹ begegnet bereits 1535 in den ›Graßliedlein‹ (15), wo es heißt:
   Ich hab mir ein Bulen erworben
   In Veiel und grünem Klee.
   (E.B. II, Nr. 678a)
Kränze von Veiel und grünem Klee symbolisieren auch den Abschied (vgl. E.B. II, Nr. 752,4).
   Vielleicht wegen des glücklichen Reimes ›Schnee- Klee und weh‹ wurden Schnee und Klee zu einem wirksamen Gegensatzpaar verwendet. Der Schnee bedeutet Winter und Leid, der Klee dagegen Sommer, Liebe und Freude. In dem allgemein verbreiteten Lied ›Ade zur guten Nacht‹ (E.B. II, Nr. 768,1) heißt es im Kehrreim:
   Im Sommer wächst der Klee,
   Im Winter schneits den Schnee,
   Ich muß dich meiden.
Oft wird ein ähnliches Reimpaar auch verwendet, um den recht ungewissen Zeitpunkt der Rückkehr anzudeuten.
   In älteren Liebesliedern und Balladen ist die Formel ›Unter Rosen und Klee‹ sehr beliebt, z.B. will das Mädchen im ›Nachtjäger‹ unter ›Rosen und Klee‹ begraben werden, um nicht zu vergehen. Auch bei dem Lied ›Schöns Meidelein, wie bin ich dir hold‹ (E.B. II, Nr. 500) wünscht sich das sterbende Mädchen ein Grab unter Rosen und Klee. Möglicherweise liegt auch hierin ein Anlaß zur Entstehung unserer Redensart. War der Klee früher eine beliebte Grabespflanze wegen seines frischen Grüns, wie heute z.B. Immergrün und Efeu, so liegt es nahe, daß auch Klee und Grab im Sprachgebrauch gleichgesetzt wurden. Lobt man jemanden über den grünen Klee, so hieße das auch: man lobt ihn wie einen Verstorbenen. Da die Grabreden fast immer den Toten besonders rühmten und man sich hütete, etwas Nachteiliges von ihm zu sagen, erhielten sie leicht etwas Übertriebenes und Unwahres. Von hier aus könnte die Redensart auch so erklärt werden, daß jemand so gelobt wird, als sei er bereits gestorben.
• H. SCHRADER: ›Etwas über den grünen Klee loben‹, in: Zeitschrift für deutsche Sprache (Hamburg) 8 (1894-1895), S. 263-264; H. MARZELL. Artikel ›Klee‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 1447-1458; B. VON WULFFEN: Der Natureingang in Minnesang und frühem Volkslied (München 1963); L. RÖHRICH: Liebesmetaphorik im Volkslied, in: Folklore international ... in honoring of W.D. Hand (Hatboro/Pa. 1967), S. 187-200; L. SCHMIDT: Sprichwörtliche deutsche Redensarten, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, N.S. 28 (1974), S. 106; W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker, III (Bonn – Bad Godesberg 1978), S. 881-890; G. MEINEL: Planzenmetaphorik im Volkslied, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 27/28 (1982/83), S. 162-174 (Festschrift für L. Röhrich).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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