Kuß

Kuß
Und wer küßt mich (mir)? Redewendung dessen, der sich bei einer Verabredung oder Verteilung übergangen fühlt. Die Redensart stammt aus einem von Hand zu Hand weitergereichten Gedicht mit den Schlußzeilen:
   Die Hasen rammeln im Revier,
   Kurzum es liebelt jedes Tier,
   Und wer küßt mir?
Seit etwa 1850 (Küpper).
   Die derbe Aufforderung ›Leck mich im Arsch‹ ( Arsch) wird in vielen Wendungen mit Kuß umschrieben: ›Küß mich, wo der Buckel ein End hat‹; ›Küß mir den Buckel, aber von unten‹; Hans Sachs: »Küß mich, da ich sitz«; ›köß mi, wo ek gen Ogen heb‹; ›Er kann mich küssen, wo ich keine Nase habe‹; ›Küß mir den Buckel, wo die Haut ein Loch hat‹.
   Mit Kußhand: sehr gern ( Hand).
   Man bekommt einen Kuß sagt man, wenn sich Bläschen auf dem Kaffee bilden. Niederdeutsch wird weiter ›orakelt‹:... die Bläschen schwimmen zum Tassenrand, wo sie zerplatzen. Die Richtung ihres Abgangs ist die, aus der der Kuß zu erwarten ist. Dies ist ein Gesellschaftsspiel, auch mit ›corriger la fortune‹ (durch in eine bestimmte Richtung Pusten ...) Die anderen bei dieser Gelegenheit üblichen Redensarten wurden durch den Atlas der deutschen Volkskunde (ADV-Frage 234a) erfaßt, sie lauten: ›Man bekommt einen Brief‹; ›man hat Geld zu erwarten‹; ›das Wetter ändert sich‹. Hat jemand an der Lippe einen Ausschlag, wird er herausfordernd oder scherzhaft gefragt: Du hast wohl (falsch geküßt) einen falschen Kuß bekommen? oder: Hast du einen Pferdekuß gekriegt? Weithin bekannt sind auch solche formelhaften Floskeln wie ›Gruß und Kuß Dein Julius‹ oder ›Ein Kuß ohne Bart ist wie eine Suppe ohne Salz‹, Bart, Gruß.
   Etwas für einen Kuß und ein Fünferle tun: aus Gefälligkeit und Freundschaft sich mit einem symbolischen Lohn zufriedengeben.
   Scherzhaft: ›Er (sie) ist so dürr, daß er (sie) den Bock zwischen den Hörnern küssen kann‹, Bock.
   Das Sprichwort »Ein Küßchen (rheinisch ›ein Bützchen‹, alemannisch ›e Schmützli‹) in Ehren, kann niemand verwehren« legitimiert einen Kuß zwischen Personen, die sich sonst nicht küssen.
• B. KARLE: Artikel ›Kuß, küssen‹, in: Handbuch des Aberglaubens V, Spalte 841-863; G. GROBER-GLÜCK: Motive und Motivationen in Redensarten und Meinungen (Marburg 1974), S. 307-308; D.-R. MOSER: Artikel ›Kuß‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte II, Spalte 1320-1322; Münzen in Brauch und Aberglauben (Mainz 1982), S. 231.
Man bekommt einen Kuß .... Gerda Grober: Karte zu Frage 234a der Umfrage zum Atlas der deutschen Volkskunde.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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