- Matrosenkleid
- Noch im Matrosenkleid stecken: noch Kind sein. Für Kinder eine Kleidung à la matelot (wie die Matrosen) zu wählen, ist schon ziemlich alt. 1787 schreibt F. Schiller im ›Don Carlos‹ (I,2):»So tief bin ich gefallen – bin so arm geworden, daß ich an unsere frühen Kinderjahre dich mahnen muß – daß ich dich bitten muß, die lang vergessenen Schulden abzutragen, die du noch im Matrosenkleide machtest«. Schiller konnte kaum ein solches Bild für die Kindheit gewählt haben, wenn nicht sein Publikum den Knabenanzug à la matelot gekannt hätte. Ungefähr 100 Jahre später erlebte der Matrosenanzug in Deutschland ein Comeback: 1874 begann der Aufbau der kaiserlichen Flotte und erfüllte die Deutschen mit einer ungeheuren Marinebegeisterung. Die Kaiserkinder trugen vorzugsweise Matrosenanzüge, die dann auch in der bürgerlichen Mode kopiert wurden. Erst die Nationalsozialisten schätzten diese Kinderkleidung nicht mehr und verachteten sie als bürgerlich-reaktionär; so verschwand sie allmählich aus dem Klassen- und Straßenbild.• D. LUHR: Matrosenanzug und Matrosenkleid. Entwicklungsgeschichte einer Kindermode von 1770-1920, in: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde S (1960), S. 19-42; I.WEBER-KELLERMANN: Die Kindheit (Frankfurt/M. 1979), S. 126-131; R. KUHN und B. KREUTZ: Der Matrosenanzug. Kulturgeschichte eines Kleidungsstücks (Dortmund 1989).
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.