- Sack
- Einen in den Sack stecken: ihm an Kräften überlegen sein; so auch in den Mundarten, z.B. thüringisch von einem argen Schwätzer: ›he schwatzt en in Sack un us de Sacke‹; elsässisch von einem Schlauen: ›der ist in ken Sack zu bringe‹. Sebastian Brant im Narrenschiff (83,29): »Allayn der arm (Arme) muß jnn den Sack«. Auch ›stoßen‹ statt ›stecken‹ findet sich, z.B. im ›Narrenschiff‹ (69,7f.):Wer andern stoßen wil jnn Sack,Der wart auch selbst des backenschlag.Die Redensart hat ihren Ursprung vermutlich in einer besonderen Art von Ringkämpfen, wobei der Besiegte vom Sieger wirklich in einen Sack gestoßen oder gesteckt wurde. In einem alten Lügenmärchen heißt es:Er liuget, er saehe ûf einer wise,daz ein getwerc (Zwerg) unde ein risedie rungen einen halben tac.Do nam daz getwerc einen sac,da stiez ez den risen in.In einem historischen Volkslied von 1400 (Liliencron I,192) heißt es:Und wer den andern übermag,Der schieb in fürbaß in den Sack.Dies war also nicht bloß eine bildliche Redensart, wie Grimms Deutsches Wörterbuch (8, 1611) meint, sondern wurde noch im 16. Jahrhundert bei öffentlichen Zweikämpfen ausgeführt. In dieser Weise spielt das ›In-den-Sack-stecken‹ auch in vielen Volkserzählungen, insbesondere Märchen, eine Rolle: so steckt der Geisterbanner den Geist in einen Sack; so zeigt der Meisterdieb seine Geschicklichkeit, indem er Pfarrer und Küster in seinen Sack lockte; ebenso das Bürle (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 61) seine List, indem es sich durch einen leichtgläubigen Wanderer aus dem Sack befreien läßt. Das gleiche gilt für den Bruder Lustig (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 81), der alles in seinen Sack springen läßt (Bolte-Polivka II, 157f., III, 379). Einen Nachhall dieser Vorgänge könnte man auch in dem schweizerischen Familiennamen des 15. Jahrhunderts ›Springinsack‹ vermuten. Die Wendung ist jedenfalls noch lange in volkstümlicher Sprache üblich gewesen; 1639 führt sie Lehmann S. 304 (›Gewalt‹ 10) an: »Wer den andern vermag, der steckt jhn in Sack«. Constant von Wurzbach (1818-93) berichtet von einem Ringkampf um die natürliche Tochter Kaiser Maximilians II. (1564-66). Die beiden Kämpfer waren des Kaisers Kriegsrat, ein wegen seiner Größe und Leibesstärke berühmter Ritter, und ein vornehmer Spanier. Da der Vater keinen von beiden verletzen wollte, so kam er auf den lustigen Einfall, die Herren miteinander um den Besitz ringen zu lassen, und zwar sollte Sieger sein, wer den andern in einen Sack zu stecken vermöchte. Der Kriegsrat steckte nun wirklich zum großen Gelächter des Hofes den Spanier in den Sack und hatte damit auch gewissermaßen den Kaiser, die schöne Braut und die reiche Mitgift ›im Sacke‹ (Sack bedeutet oberdeutsch ja auch ⇨ Tasche).Bereits bei Joh. Agricola (1528) findet sich die Wendung in bildlichem Gebrauch: »Wer Meister wird, steckt den andern in den Sack«; ebenfalls bei Agricola anläßlich der Erklärung des Sprichworts ›Gott hilft dem sterckisten‹ heißt es: »Gross Gewalt kan Gott nicht erleiden, dass sie lang stehen solle. Die Welt aber sagt also: Gott hyn, Gott her, ich sihe wob wer den andern vermag, der steckt den andern ynn Sack«; vgl. französisch ›mettre quelqu'un dans sa poche‹.Den Mönch im Sack haben: ihn überwältigt haben.Jemanden in den Sack hauen: jemanden übervorteilen.In den Sack hauen: aufgeben, abdanken. Die Redensart ist in der Liedparodie auf die Abdankung des deutschen Kaisers bezogen:O Tannenbaum, o Tannenbaum!Der Kaiser hat in'n Sack gehaun.Jemandem auf den Sack niesen, husten, treten: jemanden grob zurechtweisen, jemanden drillen.Schlafen wie ein Sack: sehr fest schlafen; vgl. französisch ›dormir comme une souche‹.Er ist voll wie ein Sack: er ist schwer betrunken; rheinisch ›de löt sech hange wie ne Sack‹; oder auch: ›he hängt ennen an den Arm wie ennen Sack‹; vgl. französisch ›Il est plein comme une outre‹.Der Sack ist noch nicht zugebunden: die Sache ist noch nicht zu Ende. Sack und Bändel ist sprichwörtlich für eine Hauptsache mit den dazugehörigen kleinen Nebensachen: Da ist der Sack 's Bändel nicht wert: das ganze Ding taugt nichts; rheinisch ›Wenn der Sack des Bängels (Bändels) wert ös, dann wierd e zogebonge‹; ›do wird och der Bändel dürer als der Sack‹, mehr Umstände machen als die Sache wert ist.Er ist wie ein umgekehrter Sack: er hat sich ganz verändert. Schweizerisch ›d'Lüt chönnid si mengsmol ommchehre wie en Sack‹, ihre Gesinnung völlig ändern.Sich fühlen wie ein nasser Sack: sich sehr matt, kraftlos fühlen. Überhaupt wird der menschliche Körper öfter mit ›Sack‹ umschrieben; so schon bei Luther: »Unser eigen Fleisch, der alte faule Sack« (Werke 5, 436). Heute ist ›Fauler Sack‹ eine Beschimpfung.Sack und Pack, dabei meint Sack das Große und Pack das Kleine; der westfälische Müller tröstet sich: ›Brenget se nit Säcke, brenget se doch Päcke‹.Einen ganzen Sack voll: sehr viel. »Ein gantzen sack voll eifers« findet sich schon bei Sebastian Franck. Im Rheinischen findet sich eine humorvolle Anwendung: ›Wasste wat ich wollt; eich hätt en Sack voll Gold‹.Sack steht auch bildlich für: Gabe, Vermögen; auch geistig; sämtliche Absichten und Pläne; Bismarck (›Reden‹ VII, 430): »Ich habe da nach einer vulgären Redensart einen Sack vollständig vor Ihnen ausgeschüttet von all dem, was ich bisher darin hatte«.Jeder hat seinen Sack zur Mühle zu tragen: durch etwas zu leiden, eine Last auf sich zu nehmen.An den Sack müssen; sich stark anstrengen müssen, ans Werk gehen. Diese Redensart kommt aus der schweizerischen Soldatensprache, wo der Tornister mit ›Sack‹ umschrieben wird.Sackzement (Sack Zement): Fluchwort; entstellt aus ›Sakrament‹. Schwäbisch steht die Verbindung ›Sack am Bändel‹ euphemistisch für den Fluch Sackerment.›Versacken‹ meint, aus der Ordnung geraten, den Anforderungen des Lebens nicht mehr gewachsen sein, größtenteils aus eigenem Versagen. Oft wird das Verb irrigerweise mit ›Sack‹ in Verbindung gebracht, es kommt jedoch aus der Seemannssprache und heißt ›sinken‹.Den Sack schlägt man, den Esel meint man ⇨ Esel.In Sack und Asche trauern ⇨ Asche.Die Katze im Sack kaufen ⇨ Katze.Nüsse durch einen beißen ⇨ Hand.Den Knüppel aus dem Sack lassen ⇨ Knüppel.• H. STUBBE: Formen der Trauer (Berlin 1985).}Jemand in den Sack stecken. Holzschnitt von Franz Graf von Pocci zu: Pocci's lustiges Bilderbuch, München (1852), P. 288: Knecht Ruprecht steckt böse Buben in den Sack. Aus: Franz Graf von Pocci. Die Gesamte Druckgraphik, herausgegeben von Marianne Bernhard, München 1974, S. 353.
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.