Saite

Saite
Andere (häufig mildere) Saiten aufziehen: einen anderen Verkehrston anschlagen, eine andere Behandlungsweise versuchen: »worauf er denn gelindere Saiten aufzog« (Melissus, Die galante und liebenswürdige Salinde, 1713, S. 243); vgl. französisch ›baisser le ton‹.
   Das Gegenteil ist: Die Saiten etwas straffer anziehen: strenger vorgehen; im 16. Jahrhundert in der ›Zimmerischen Chronik‹ (Band II, S. 187): »Und wurden dem pfaffen die saiten wol gespannen«.
   Jemandem die Saiten spannen: jemanden scharf zurechtweisen, Ton.
   Schon früh im MA. waren Saiteninstrumente wie die Harfe und Laute Gegenstand allegorischer Betrachtung. Seit der Mitte des 18. Jh.s wird der Barde, der ›in die Harfe singt‹, als Zeuge einer fernen, glücklichen Vergangenheit umschwärmt; Adolph Menzel gestaltete 1836 zur Ausg. der ›Sämtlichen Werke‹ des poln. Dichters Adam Mickiewicz eine Lithographie mit dem ›Barden‹ als Kind der Vorzeit.
   Verwandte redensartliche Bilder sind: Die Saiten zu hoch spannen: eine Sache zu weit treiben. so schon literarisch bei Johann Fischart (›Aller Praktik Großmutter‹ S. 642): »Dann wer die saiten vberspannet ...«
   Auf der gleichen Saite geigen: derselben Meinung sein, ›In dieselbe Kerbe hauen‹.
   Alle Saiten anspannen: alle Mittel einsetzen, um seinen Zweck zu erreichen.
   Er kann bloß auf einer Saite geigen: er ist einseitig, er kann nicht so viel, wie er eigentlich können müßte.
   Eine Saite berühren (anschlagen). Lessing liebte dieses Bild: im ›Nathan‹ (III, 10), als Daja den Tempelherrn fragt, ob er Nathan seine Liebe offenbart habe: »Doch, Daja, wenn ich Euch nun sage, daß ich selber die Sait« ihm anzuschlagen bereits versucht?« Daja darauf: »Was? Und er fiel nicht ein?« – »Er fiel mit einem Mißlaut ein, der mich – beleidigte«. Und als Daja den Weisen zum wiederholten Male bittet, Recha dem Tempelherrn zur Frau zu geben, sagt Nathan: »Doch die alte Leier wieder? Mit einer neuen Saite nur bezogen, die, fürcht ich, weder stimmt noch hält.«
   Die Saite darf man nicht anschlagen: diese Angelegenheit darf man nicht berühren, erörtern. Vgl. französisch ›la corde sensible‹.
   Die Saiten herunterstimmen: in seinen Anforderungen nachlassen. In Schillers ›Kabale und Liebe‹ heißt es, als Wurm seinen schurkischen Plan entwickelt, Luise die Liebe des Majors und den Ruf ihrer Tugend verlieren zu lassen: »Vater und Mutter ziehen gelindere Saiten auf«.
   Auf der letzten Saite spielen: mit letzter Anstrengung, Kraft etwas tun.
• M. WILLBERG: Die Musik im Sprachgebrauch, in: Die Muttersprache (1963), S. 201ff.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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