Suppe

Suppe
Die Redensarten über Suppe sind recht zahlreich. Dies erklärt sich aus der Tatsache, daß die Suppe seit alters her ihren festen Platz in der mehrgängigen Speisenfolge der Mahlzeiten hat und in vielen Gegenden, vor allem bei der Landbevölkerung und bei den Arbeitern, auch heute noch vielfach eine selbständige Mahlzeit bildet (vgl. die ›Frühstückssuppe‹). Auf die synonyme Verwendung von Suppe und Mahlzeit weisen verschiedene Ausdrücke hin, z.B. ›Brautsuppe‹ für das Hochzeitsessen, ›Henkerssuppe‹ für die Henkersmahlzeit, ›Totensuppe‹ für den Leichenschmaus. In den Alpengebieten werden die drei Tagesmahlzeiten Morgen-, Mittag- und Nachtsuppe genannt. Gleichbedeutend mit Mahlzeit wird Suppe daher in folgenden Redensarten gebraucht: Zur Suppe laden; Die Suppe versäumen; Jemandem in die Suppe (den Suppentopf) fallen: auf Besuch kommen, wenn gerade gegessen wird; ›die Uhr jeht nach de Suppe‹ sagen die Berliner für etwas Verkehrtes und Schlechtes, da richtigerweise das Essen zu festgesetzten Zeiten aufgetragen werden soll.
   Zunächst seien die wenigen positiven Redensarten in Verbindung mit Suppe angeführt: Die Suppe aufschmalzen: sich verbessern, ebenso Schmalz auf die Suppe tun oder Die Suppe schmälzen; vgl. französisch ›Beurrer les épinards‹ (wörtlich: Butter in den Spinat tun), im Sinne von jemandes finanzielle Lage verbessern; In die Suppe zu brocken haben: vermögend sein; Petersilie (Schnittlauch, Pfeffer) auf allen Suppen sein: aus der Umgebung herausstechen, vornedran sein ( Petersilie). Gelbe Suppe galt früher als Bezeichnung für ein üppiges Leben, so bei Luther (16, 25): »also sehen sölche Gesellen auch, das am Hofe gele Suppen gessen werden, viel Fressens und Sauffens dran ist«.
   Die Redensarten in Verbindung mit Suppe sind zum größten Teil aus sich heraus verständlich. Sie bedürfen keiner besonderen Erklärungen, da sie sich in der Hauptsache auf reale Vorgänge bei der Zubereitung und dem Verzehr dieser Speise beziehen. Daraus resultiert sicher bis zu einem gewissen Grad die große Zahl der Redensarten, vor allem der mit negativer Bedeutung. Denn gegenüber den wenigen Möglichkeiten, eine Suppe durch Zutaten zu verbessern, steht die Vielzahl der Beispiele, wie man eine Suppe verderben und unappetitlich machen kann. So kann man Jemandem in die Suppe spucken. Man kann Ein Haar in der Suppe finden; vgl. französisch ›Il y a un cheveu‹ und ›arriver comme un cheveu sur la soupe‹: unerwartet und ungelegen kommen, Haar; man kann auch Bei jemandem die Suppe verschütten: es mit jemandem verderben. Schon Abraham a Sancta Clara
(›Judas der Erzschelm‹ IV) kennt die Redensart »einem die Suppen versaltzen« (auch: verpfeffern, versauern). Da ist mir die Suppe übergekocht: da habe ich die Fassung verloren.
   Weiter sind zu nennen: Die Hand aus der Suppe ziehen: sich aus einer Angelegenheit zurückziehen; Seine Suppe dabei kochen (brauen): sich unredlich Vorteil oder Gewinn verschaffen, ähnlich: Sein Süppchen am Feuer anderer kochen; Eine Suppe und ein Mus sein: eng befreundet sein; Pfeffer an die Suppe tun: sich Mut machen; In die (eine böse) Suppe geraten (kommen): in Bedrängnis geraten, so schon bei Thomas Murner; entsprechend Jemanden in die Suppe bringen (führen, ziehen); Zwei Suppen in einer Schüssel kochen: zwei Dinge zugleich tun. In mehreren Beispielen ist eine Überschneidung mit anderen Redensarten zu beobachten: In der Suppe (Tinte) sitzen; Die Suppe (Zeche) zahlen müssen; Die Suppe (das Kraut) fett machen, heute vor allem in verneinendem Sinne verbreitet.
   Klar wie dicke (Kloßbrühe) klar.
   Jemandem die Suppe (Petersilie) verhageln; Jemandem in die Suppe (Karten) sehen, vor allem in bezug auf häusliche Verhältnisse gebräuchlich.
   Die zusammengesetzte Redensart Die Suppe auslöffeln (ausessen) müssen, die man sich eingebrockt hat bezieht sich auf das Einbrocken des Brotes in die Suppe, um diese gehaltvoller zu machen. Sie ist in verschiedenen Varianten und auch als Sprichwort verbreitet. Beide Teile der Redensart existieren auch für sich: Jemandem (sich) eine (schöne, dicke) Suppe einbrocken (anrichten) und Die Suppe auslöffeln müssen, Löffel. Von einer Frau, die sich kurz nach der Hochzeit als schwanger erweist, heißt es im Schwäbischen: ›Die hat auch keine Suppe umsonst angerichtet‹.
   Als Übersetzung von ›Jean Potage‹, einer Spottbezeichnung für den Franzosen, ist im Deutschen der Name ›Hans Supp‹ (so schon bei Grimmelshausen im ›Simplicissimus‹) zu finden. ›Suppenschwaben‹ nennt man Personen, die gerne Suppe essen, und im Gegensatz dazu steht als warnendes Beispiel für Kinder die Gestalt des ›Suppenkaspars‹ aus dem ›Struwwelpeter‹ (1845) von Heinrich Hoffmann, Struwwelpeter. An umgangssprachlichen Ausdrücken in Verbindung mit Suppe sind noch zu nennen: ›Suppenanstalt‹, Wohltätigkeitsküche, ›Suppendiener‹, Schmeichler, Höfling; ›Suppendemut‹, Unterwürfigkeit aus Berechnung; ›Suppenfreund‹, falscher Freund, Schmarotzer; im gleichen Sinne: ›Suppenfreundschaft‹; ›Suppenpoet‹, Lobredner aus Berechnung. In der Gaunersprache heißen junge Mädchen ohne Erfahrung ›Suppengrünes‹. Ein ›Venedisches (welsches, spanisches) Süpplein (Suppe)‹ ist ein Gifttrank, vgl. auch Jemandem ein Süppchen brauen. ›Aus 7 (9, 100 oder mehr) Suppen oder aus der siebenten (neunten usw.) Suppe ein Schnittlein (Tünklein)‹ ist eine schwäbisch-alemannische Bezeichnung für weit entfernte Verwandtschaft.
   Suppe wird, ähnlich wie Brühe und Soße, seit Ende des 15. Jahrhunderts als Bezeichnung für eine schmutzige Flüssigkeit gebraucht und existiert in dieser Bedeutung auch in vielerlei Zusammensetzungen, wie Drecksuppe, Lehmsuppe, Nebelsuppe usw.; ›Rote Suppe‹ ist eine derbe euphemistische Umschreibung für Blut. Verschiedene Kinderspiele tragen den Namen Suppe. So nennt man schwäbisch das Zusammendrillen und wieder Auseinanderwirbeln der Schaukel ›die Suppe machen‹, rheinisch das Springenlassen der Steine auf dem Wasser ›Suppe schlagen‹. Eine Prügelsuppe bekommen heißt im Kindermund: Prügel bekommen.
• ENZYKLOPÄDIE DES MÄRCHENS SCHRANKA: Die Suppe. Ein Stücklein Kulturgeschichte (Berlin 2. Auflage 1890); F. ECKSTEIN: Artikel ›Suppe‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 609-614; N.-A. BRINGÉUS und G. WIEGELMANN (und andere Autoren): Ethnologische Nahrungsforschung in Europa, in: Ethnologia Europaea 5 (1971); H.J. TEUTEBERG und G. WIEGELMANN: Unsere tägliche Kost (Münster 1986); K.
KÖSTLIN: Der Eintopf der Deutschen. Das Zusammengekochte als Kultessen, in: Tübinger Beiträge zur Volkskultur (Tübingen 1986), S. 220-241.
Die Suppe auslöffeln müssen. Karikatur von Haitzinger, vom 6.VI.84. Aus: DER SPIEGEL, Nr. 25, 1984, S. 20.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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