- Bildung
- Die Bildung mit dem (Schöpf-)Löffel gegessen (gefressen) haben wird von jemandem gesagt, der sehr gebildet (Scherzhaft: ›gebüldet‹) tut und bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit sein Wissen anzubringen sucht. Der Begriff ›gebildet‹ war zunächst nur in der Bedeutung ›geschaffen‹ und ›Bildung‹ als das geschaffene Bildnis (auch als die ›Gestalt‹) bekannt (⇨ Bild). Das geht aus vielen Belegstellen hervor, wie z.B. aus J. Pauli: ›Schimpf und Ernst‹, Kapitel 344: » ... und liessen seine bildung an die thürn machen ...« oder aus S. Franck; ›Weltbuch‹ (195): » ... ir münz ist papirin, viereckecht, darauf des künigs bildung getruckt«. Später wurde der Begriff Bildung zunehmend für die kulturelle Bildung verwendet und durch Zusätze wie ›gelehrte‹, ›wissenschaftliche‹, ›feine‹, ›vielseitige‹, ›künstlerische‹ Bildung näher bezeichnet. Er umfaßt neben der beruflichen Ausbildung vor allem die Beherrschung der gesellschaftlichen Regeln und das geistig-kulturelle Wissen des gehobenen Bürgertums.Wie wenig die Bildungsversuche oft fruchteten, zeigt sich in erheiternden Aussprüchen und Dialogen wie: ›Ede, benemm di! häst doch Bildung!‹ oder ›Du böst in de Stadt gewäst koche lehre?‹, ›Ne, schaiss, ech woar Bildung lehre!‹ Ähnlich auch die Antwort einer Dorfschönen auf die Frage, was sie im Pensionat gelernt habe: ›Hä! Bildung, du Chue! (Kuh)‹. Man konnte also nicht immer davon ausgehen, daß der Kochlehrling in der Stadt mit dem Schöpflöffel auch wirklich die feine Bildung erhielt, die man sich im Dorf vorstellte. Das führte dann auch zuweilen zu Verzweiflungsäußerungen, wie z.B. in dem Neckvers: »Äwerall dringt Bildung dorch, obber nich in Ensterborch (Insterburg)«.• W.V. HUMBOLDT: Schriften zur Anthropologie und Bildungslehre. Hrsg. v. A. Flitner (Düsseldorf München 1964); R. DAHRENDORF: Bildung ist Bürgerrecht (Hamburg 1968), (mit Literatur).
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.