Falke

Falke
Der Falke war im Mittelalter ein gern gebrauchtes Bild für den ritterlichen Geliebten, der auf Taten auszieht und siegreich zur Dame zurückckehrt, am frühesten im ›Falkenlied‹ des Kürenbergers:
   Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr
sowie bei Heinrich von Mügeln:
   Ein frouwe sprach: mîn falke ist mir enphlogen
   sô wît in fremde lant.
Ebenso noch im späteren Volkslied:
   Ich zempt mir einen falken
   vil lenger als sieben jahr.
Vgl. auch Krimhilds Falkentraum im ›Nibelungenlied‹ (hrsg. von H. de Boor [Mannheim 12, 1988], Strophe 13-15).
   Das späte Mittelalter kennt die Redensart den Falken streichen: dem Manne schön tun, schmeicheln. Ein Volkslied des 16. Jahrhundert klagt über die Unbeständigkeit der Frauen:
   Die Falken können sie streichen
   Dieweil wir bei ihn'n stahn.
   Auch Hans Sachs sagt von einem Schmeichler: »er kont den falken gar wol streichen«.
   Ebenfalls seit dem Mittelalter ist der Falke das Sinnbild der Wachsamkeit; so hört man noch heute in den deutschen Mundarten: Augen haben wie ein Falke, er sieht wie ein Falke. Schon in Gottfrieds ›Tristan‹ (277.3) heißt es:
   sie liez ihr ougen umbe gân
   als der valke ûf dem aste.
Ähnlich noch bei Goethe: »Da ich gewohnt war, wie ein Falke das Gesinde zu beobachten«. Vgl. französisch ›avoir des yeux de faucon‹ oder ›... lyns‹ (Luchs).
   Die Falken haben sich (wieder einmal) gegen die Tauben durchgesetzt: die Befürworter der Aufrüstung (im Weißen Haus, im Kreml) die zur Wachsamkeit mahnen, haben die kompromißbereiten Friedenspolitiker überstimmt, Taube.
• O. KELLER: Die antike Tierwelt 2 (Leipzig 1913), S. 13-26; TH. FRINGS: und was im sin gevidere alrot guldin, in: Paul und Braunes Beiträge 54 (1930), S. 14; 155; C. WESLE: Das Falkenlied des Kürenbergs, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 57 (1932), S. 209-215; P. WAPNEWSKI: Des Kürenbergs Falkenlied, in: Euphorion N.F. 53 (1959), S. 1ff.; L. RÖHRICH und G. MEINEL: Redensarten aus dem Bereich der Jagd und der Vogelstellerei, S. 322; L. RÖHRICH und R.W. BREDNICH: Deutsche Volkslieder II, S. 336ff.; W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker IV (Bonn-Bad Godesberg 1978), S. 1379-1383; E. und L. GATTIKER: Die Vögel im Volksglauben (Wiesbaden 1989), S. 477-480.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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