flöten

flöten
Eine schöne (die ganze) Flöte auf der Hand haben: scherzhaft beim Kartenspiel für eine zusammenhängende Folge von Spielkarten einer Farbe, die man gleichsam wie eine Tonleiter herunterspielen kann; in demselben Sinne: die (ganze) Flöte auf den Tisch legen.
   Mit der Flöte regieren: mild regieren; wie bei der ersten Geige heißt es auch: ›Ihm ist nicht wohl, wenn er nicht die erste Flöte spielen kann‹. ›Mit der Flöte regieren‹ kann heute auch anders gemeint sein: Auf dem Sportplatz regiert der ›Schiri‹ (= Schiedsrichter) mit der Trillerpfeife, beim Militär übermittelt der Unteroffizier mit dieser seine Befehle, besonders berüchtigt beim ›Kasernenhof-Drill‹.
   Das geht wie ein Flötchen: es geht sehr leicht, wie geschmiert.
   In den süßesten Tönen flöten: sich der höflichsten, schmeichlerischsten Worte bedienen; auch in gereimter Form:
   Das Pfeiflein macht gar süßes Spiel,
   wenn es den Vogel fangen will.
Die Flöte hat häufig eine erotische Bedeutung; sie steht symbolisch für den Penis. ›Flöte spielen‹ meint dann koitieren, eine ›Abgespielte Flöte‹ einen schlaffen Penis oder einen impotenten Mann, ein ›Flötensolo‹ Fellatio oder Masturbation. Ein Arzt für Geschlechtskrankheiten wird auch als ›Flötenklempner‹ bezeichnet. Ebenso wird in manchen Szenen der bildenden Kunst die erotische Bedeutung der Flöte angesprochen, Flötentöne, Flötentöne.
   Flöten gehen: verlorengehen, verschwinden, zugrunde gehen, ist eine vieldiskutierte Redensart, deren Herkunft noch nicht mit Sicherheit geklärt ist. Im Grimmschen Wörterbuch (III, 1824) wird sie aus dem Deutschen abgeleitet als »schwinden, dahin tönen in die Luft, wie der verhallende Laut einer Flöte«; in älteren Auflagen des Borchardt-Wustmann wird die Redensart gedeutet als: »mit einer Flöte davongehen, um sich als Musikant durch die Welt zu schlagen« (5. Auflage 1895), oder als »pissen gehen« (6. Auflage 1925). Für diese letzte Deutung spricht auch die niederländische Wendung des 17. Jahrhunderts ›weggaan om te fluiten‹, wo ›fluiten‹ soviel wie ›urinieren‹ heißt; auch in anderen Sprachen hat sich dieser Ausdruck ausgeweitet zu der Bedeutung ›sich wegschleichen‹, z.B. niederdeutsch ›ga wat pissen‹, pack dich weg, französisch ›envoyer pisser (chier) quelqu'un‹ (äußerst derb), jemanden wegjagen, ›pisser à l'anglaise‹ (heute ungebräuchlich), heimlich weggehen, deutsch ›Sich wegpissen‹, ›Sich verpissen‹, davonschleichen. In Trübners ›Deutschem Wörterbuch‹
(II,396) wird die Wendung erklärt aus dem hebräischen peleta = ›Entrinnen, Rettung‹, das über ostjüdisch plete auch unser Pleite ergab; ›peleta‹ lautete in portugiesisch-hebräischer Aussprache feleta, gelangte in die Niederlande, schlug im 17. Jahrhundert in der Amsterdamer Geschäftssprache Wurzel und drang von da aus weiter nach Osten. Dieser Deutung ist neuerdings oft widersprochen worden, indem man auf die ursprüngliche Ableitung von ›flöten‹ zurückkam. Niederdeutsch ›fluiten gan‹ = verschwinden, durchbrennen, ist bereits 1578 und 1650 nachweisbar, 1755 in Richeys ›Hamburgischen Idiotikon‹ (63): »Dat Geld is fleuten gahn«, was nicht für die Ableitung aus dem Hebräischen spricht, sondern einen niederdeutschen oder niederländischen Ursprung der Redensart wahrscheinlich macht; im Niederländischen ist die Wendung heute ebenfalls noch verbreitet, meist in der Form ›fluiten gaan‹; in Limburg ›Hä is fleute pipe‹, er ist weg. So ist auch der Ausdruck ›Flötepiepen‹ allgemein verbreitet, um die Ablehnung eines Gedankens auszudrücken, ähnlich wie ›Denkste‹ oder ›Pustekuchen‹. In Norddeutschland. ist das Wort ›Fläutjepiepen‹ oft verbunden mit der Geste des unter der Nase vorbeistreichenden Zeigefingers, in der Bedeutung: danebengegangen, mißglückt.
• O. WEISE: In die Wicken gehen, flöten gehen und Verwandtes, in: Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten 3 (1902), S. 211-217; S.A. BIRNBAUM: Der Mogel, in: Zeitschrift für deutsche Philologie.74(1955), S. 249; M. WILLBERG: Die Musik im Sprachgebrauch, in: Muttersprache (1963), S. 201-221; D. MÖLLER: Untersuchungen zur Symbolik der Musikinstrumente im Narrenschiff des Sebastian Brant (Regensburg 1982), S. 82-83.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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