Füllhorn

Füllhorn
Das Füllhorn über jemanden ausgießen: ihn mit Geschenken überhäufen. Die Redensart wird in jüngster Zeit häufig im journalistisch-politische Bereich verwendet zur Bezeichnung ungerechtfertigter Zuwendungen oder außerordentlicher Vergünstigungen. Unter dem Begriff ›Füllhorn‹ versteht man allgemein ein mit Früchten, Ähren, Blumen und anderen guten Sachen gefülltes, gewundenes Horn, das schon den Griechen und Römern als Sinnbild des Überflusses galt. Es ist eine Übersetzung des lateinischen ›cornucopia‹ bzw. ›cornu Copia(e)‹. Der Sage nach soll es sich auf ein zufällig an einem Baum abgebrochenes Horn der Ziege Amalthea beziehen, aus dem Nektar und Ambrosia flossen und das von Zeus unter die Sterne versetzt wurde (das Erscheinen der Sterne symbolisiert die Saat- und Erntezeit).
   Copia galt als Personifikation der Fülle, deren Attribut das Füllhorn war. Sie wurde später von Abundantia und Fortuna verdrängt. Doch sind auf vielen Abbildungen auch andere Personifikationen mit diesem Symbol dargestellt, so z.B. die Diligentia und die Natura. Darüber hinaus findet es sich häufig als Beigabe in Darstellungen von Gefäßen und Geräten, wie z.B. bei der Waage.
   Im Deutschen trat die Zusammensetzung von Horn und Fülle vor allem im 18. Jahrhundert gehäuft auf, während im 17. Jahrhundert vorwiegend von ›Horn‹ die Rede war:
   wan der frühling sich verlohrn,
   was geust sommer aus dem horn? heu und korn.
   (J.G. Schottelius: ›Fruchtbringender Lustgarte‹ [1647], 989).
   Die einschränkende, negative Bedeutung im Sinne von Verschwendung hat das Füllhorn erst in jüngster Zeit erhalten, als man unter ›verschwenderischer Fülle‹ nicht mehr nur einfach ›Überfluß‹ (lateinisch: abundantia) verstand.
Das Füllhorn ausschütten. Personifikation des Nachrichtenwesens im 17. Jahrhundert (SUB Hamburg, Sign. Scrin. C/22, fol. 247). Aus: Pressen und Geschichte II. Neue Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung, München, London, New York, Oxford, Paris 1987, S. 95.
Das Füllhorn ausschütten. Karikatur von Haitzinger, vom 29.VII.81, aus: DER SPIEGEL, Nr. 32, 1981, S. 23.
Das Füllhorn ausschütten. Karikatur von Mesten, aus: DER SPIEGEL, vom 6.XI.1989.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Füllhorn — zu Füßen allegorischer Frauenfiguren (Hofburg, Wien) Das Füllhorn (gr. κέρας Ἀμαλθείας keras Amaltheias „Horn der Amaltheia“, lat. cornu copiae „Horn der Fülle“) ist ein mythologisches Symbol des Glückes. Es ist mit Blumen und Früchten gefüllt… …   Deutsch Wikipedia

  • Füllhorn [1] — Füllhorn (Cornu copiae), ein mit Blumen u. Früchten gefülltes, meist gewundenes Horn, Symbol des Überflusses, Attribut des Reichthums u. der Glücksgöttin (Fortuna). Nach dem Mythus soll es das Horn der Ziege Amalthea, od. das dem, in einen Stier… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Füllhorn [2] — Füllhorn, 1) (Cornularia Lamark), Gattung der Korallinen (der eigentlichen Polypen bei Oken), Stamm röhrenförmig, häutig, Zelle erhöht, länglich; Art: C. cornucopiae (Tubularia c. L.), Röhren einfach, unten verdünnt, gebogen u. runzelig, mit… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Füllhorn — (lat. Cornu copiae), ein mit Früchten, Blumen etc. gefülltes, meist gewundenes Horn oder Bild eines solchen, nach dem Mythus das Horn der Amaltheia (s.d.) oder des Acheloos (s.d.), Symbol des Überflusses und Reichtums (daher auf Kunstwerken in… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Füllhorn — (lat. cornu copĭae), ein mit verschiedenen Gaben der Natur gefülltes Horn, Symbol des Segens, nach dem Mythus das Horn der Amaltheia (s.d.) …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Füllhorn — Füllhorn, das Horn der Ziege, welches Amalthea (s. d.) mit Blumen und Früchten gefüllt dem Götterknaben Zeus zum Spielzeug überbrachte, der es dafür zum Horn des Ueberflusses machte. Es ist das Symbol des Reichthums und wird noch jetzt in dieser… …   Damen Conversations Lexikon

  • Füllhorn — (Cornu copiae). gewundenes Horn mit Blumen u. Früchten, Symbol des Ueberflusses (vergl. Amalthea) …   Herders Conversations-Lexikon

  • Füllhorn — Füllhorn,das:⇨Glück(2) …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Füllhorn — Sn erw. bildg. (17. Jh.) Stammwort. Lehnübersetzung aus Fülle (zu voll) und Horn für l. cornū cōpiae Horn der Fülle, des Reichtums . Es bezeichnet im Deutschen zuerst wie das lateinische Vorbild ein mit Blumen und Früchten gefülltes Horn als… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Füllhorn — Füllhorn, füllig ↑ Fülle …   Das Herkunftswörterbuch

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