- Gebet
- Einen (scharf) ins Gebet nehmen: ihn zur Rechenschaft ziehen, ihm ins Gewissen reden. Die Herkunft dieser Redensart ist verschieden erklärt worden. Man leitete sie einmal von den mittelalterlichen Volkspredigern ab, die den Tadel für jemanden mit in das Gebet oder in den Text ihrer Predigt einflochten, oder von dem Beichtvater, der nach empfangener Beichte dem reuigen Sünder vorbetete, den Bußfertigen beten lehrte. Auch an eine Ableitung von niederdeutsch ›Gebett‹ für ›Gebiß‹ hat man gedacht, da man ein störrisches Pferd ›ins Gebett nehmen‹ kann.Die Redensart wird jedoch ganz wörtlich zu verstehen sein: ›jemanden ins Gebet nehmen‹ bedeutet ursprünglich: für ihn Sorge tragen, ihn in die Fürbitte mit einschließen, wozu eine Stelle bei Scriver (Gotthold 1067) zu vergleichen ist: »ein vater erzählte Gotthold, daß er willens wäre, seinen sohn reisen zu lassen ... bat deshalber ihn mit ins gebet zu nehmen«. Im Anfang des 19. Jahrhunderts gebrauchte man in Holstein die Wendung ›in't Gebett nehmen‹ für: eine Schwangere in die öffentliche Fürbitte einschließen. Allmählich erhielt die Wendung dann den abgewerteten Nebensinn von ›tadeln, zurechtweisen‹.Niederdeutsch verbreitet ist die Redensart. ›He höllt dat mit'n kort Gebett un'n lang Wurst‹ (holsteinisch), er ist für kurzes Gebet und reichlich Essen; ähnlich niederrheinisch ›völ holden van et kort Gebett on en lange Metworsch‹, daher das Sprichwort ›Kurz Gebet und lange Bratwürste haben die Bauern gern‹, ⇨ Stoßgebet.• F. PFISTER: Artikel ›Gebet‹,. in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 346-369; F. HEILER u.a.: Artikel ›Gebet‹, in: Religion in Geschichte und Gegenwart II (3. Auflage 1958), Spalte1209-1235; F. HEILER: Das Gebet (München 5. Auflage 1969); E. MUNK: Die Welt der Gebete (Basel 1975); R.W. BREDNICH: Artikel ›Gebet‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 792-800.
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.