Gebot

Gebot
Von den zehn Geboten sind das vierte und das sechste in sprichwörtliche Redensarten hineingenommen worden, z.B. niederdeutsch ›He geit in't söste Gebot‹, er übertritt es; ›Er hat das 6. Gebot schon siebenmal abgeschafft‹; ›Er hat das sechste Gebot gefressen‹. Die Zehn Gebote stehen mitunter auch für die zehn Finger; daher einem die 10 Gebote ins Gesicht schreiben: ihm eine Ohrfeige geben, ähnlich auch französisch ›les dix commendements‹ und niederländisch ›met zijn tien geboden‹; englisch belegt in Shakespeares ›Henry VI‹ (2. Teil, I, 3):
   Could I come near your beauty with my nails,
   I'd set my ten commandments in your face.
Nicht alle Redensarten über die 10 Gebote fallen derart drastisch aus. Vergnüglicher sind da schon Weisheiten wie: ›Seit d'Baure die 10 Gebote nimme haltet, hält au unser Herrgott d'Wetterregle nimme‹ (schwäbisch). Scherzhaft wird oft ein 11. Gebot genannt; früher hieß es: Halte dich an das 11. Gebot: laß dich nicht verblüffen; so schon bei J.G. Herder in einem Brief an seinen Sohn: »Schlafe wol, halte dich brav, gib wol Achtung, übereile dich nicht und behalte das elfte Gebot: laß dich nicht verblüffen«. Heute gilt als 11. Gebot allgemein: Laß dich nicht erwischen!
   Erklärungsbedürftig ist auch die im Schwäbischen sehr häufig gebrauchte Redensart ällbot. Eigentlich müßte es ›all Bot‹ geschrieben werden, wie ›all Häck‹. Beide Redensarten, von der Hochsprache verschmäht, sind in der schwäbischen Mundart und Umgangssprache weit verbreitet. Sie enthalten den Begriff des oft, zu oft Wiederholten, manchmal auch den Begriff der vereinzelten Handlungen, also entweder ›alle Augenblicke‹ oder ›manchmal, hie und da‹, ›jedesmal‹, wofür es auch ›ie bot‹ heißen kann: ›Allbot bringet se a nuie Stuir‹. – ›Du wit ällbot ebbes anderes‹. – ›Äll Häck stoht en Hausierer da‹.
   Die Herkunft der beiden Ausdrücke ist nicht ohne weiteres erkennbar. Die Schreibweise ›all Bot‹ weist auf das mittelhochdeutsche ›Bot‹ hin, welches Befehl, Verordnung, Gebot bedeutete. Die Zehn Gebote waren ›die zehen Bot‹ (1486). Gang und gäbe war ›das Bot‹ in der niederen Gerichtsbarkeit, in den Gemeinden. Es meinte einmal die Gerichtsverhandlung auf dem Rathaus, dann das Ge– ›bot‹ zu erscheinen: »... es ist ein Bot (Befehl) kommen vom Vogt für heut Mittag«, und endlich bezeichnete man mit ›Bot‹ auch die Strafe für Nichterscheinen oder für Übertretungen überhaupt: »... so einer ungehorsam were, da geherend das erst Bot, so 3 Sch. dem Vogt, das andre Bot, so 5 Sch. wie das dritte, so 1 Pfund Heller, dem Obervogt oder Keller, und werden alle zu Ambts Handen eingezogen« (1582). Die ›Zimmerische Chronik‹ (1566) berichtet von einem Schelm: »... hiermit erlegt er dem Pauren das Potgeld, schapft seim Roß Wasser (aus dem verbotenen Brunnen!) und ließ es geleich gnug drinken«.
   Die Bot konnten sich sehr unangenehm häufen, wie aus alten Strafprotokollen über Bagatellsachen ersichtlich ist. Neben dem amtlichen, gerichtsherrlich erlassenen oder verhängten Bot gab es noch das Bot der Handwerksmeister. Ein solches war z.B. das ›Collegium der Zunftmeister‹ in Ulm. ›Im Bot sein‹ war eine große Ehre, auf die jeder Zunftvorsteher stolz war, wiewohl die vielen Sitzungen – bis zu vierunddreißig im Jahr – sich keiner großen Beliebtheit erfreuten, wenigstens nicht bei den herdhütenden Ehefrauen, wenn der Mann ›all Bot‹ außer Hauses mußte. Wie oft mag auch ein Zunftbot vorgeschützt worden sein, wenn es darum ging, zu einer ›Letze‹ zu kommen! So wurde die Redensart ›all Bot‹ zum Adverb ›allbot‹, was heute noch dasselbe bedeutet wie vor dreihundertfünfzig Jahren. In einem Bericht über den Spielverlauf beim ›Ringwerfen‹ heißt es von einem der Spieler: »... sin Ringlin traff allebot den Zweck (Pflock)« und von einem andern: »... der alle Bot gwan ein Pocall« (1616).
   All Häck oder äll Häck stammt aus der Handwerkersprache. ›Häck‹ sind die harten Schläge des Schmiedes oder des Holzhauers. Da zwischen den einzelnen Schlägen nur eine kleine Spanne Zeit liegt, so formte die Volkssprache für den Begriff ›alle Augenblicke‹ die Redewendung ›äll Häck‹. Das umlautende ä ist sprachgeschichtlich begründet. Im Gebrauch von ällbot und äll Häck bestehen Unterschiede. So kann man das einemal sagen:»...mei Jonger goht wirkli' et gern i d'Schul', äll Häck hent s-en andere Lehrer!« und ebenso: »... wenn i i d'Näh vom Bah'hof komm, no mueß i ällbot dee'ke, wia-n-es noch vor zehe Johr dort ausg'seha hot!«
• ERWÄHNT in: Schwäbisches Tagblatt. Tübingen, Ausgabe v. 31.1.1960.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Gebot — Gebot, 1) die deutliche u. bestimmte Erklärung eines Oberherrn über das, was seine Untergebenen thun u. lassen sollen; daher das G. entweder ein affirmatives (gebietendes), od. ein negatives (verbietendes, Verbot) ist; bes. die Zehn Gebote… …   Pierer's Universal-Lexikon

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