- lecken
- Vorne lecken, hinten kratzen sagt man für das Verhalten des heimtückischen Schmeichlers oder des falschen Freundes. Das Bild ist von der ⇨ Katze auf den Menschen übertragen worden. Schon der Prediger Geiler von Kaysersberg warnt in seinen ›Brösamlein‹: »Darumb so hüt du dich vor den Menschen, die da einen überzwerch ansehen, und vor denen, die fornen lecken und hinten kratzen«. Zur Beliebtheit der Redensart hat der Reim ›Katzen – kratzen‹ wesentlich beigetragen. In Luthers Sprichwörter-Sammlung heißt es: »Hüt dich vor den Katzen, die vorne lecken und hinten kratzen«. Das Katzengleichnis findet sich auch in Sebastian Brants ›Narrenschiff‹. Dort heißt es im Kapitel ›von offlichem anschlag‹:Es will jetzt rätschen (schwatzen) jedermannUnd treiben solche Kaufmannschaft (Handel, Geschäft),Die vorne leck und hinten kratz'.Diese Klage über die ungetreuen Freunde stellt der Petrarcameister auch bildlich dar. Sein Holzschnitt bedarf allerdings der Erläuterung: Der links stehende Mann hat sich für das hinterhältige Werk der ⇨ Katze geradezu präpariert, indem er den Oberkörper entblößt hat. Nun leckt ihm die Katze das Gesicht, und das Blut läuft an dem zerkratzten Rücken herab. Auch die Darstellung rechts gehört zum Thema der falschen Freunde: Der Ritter in prächtiger Rüstung geht scheinbar eine Freundschaft mit dem Gelehrten ein, er reicht ihm die Hand und stößt ihm zugleich den Dolch in den Rücken. Das Bild rechts bestätigt also die Deutung der Katzen- Redensart links. Vgl. französisch ›lécher les bottes‹ oder ›... le cul de quelqu'un‹: einem schmeicheln.Von der Vorstellung, daß die Katze ihr Fell leckt, um sich fein und schön zu machen, stammt der redensartliche Vergleich Wie geleckt für einen geschniegelten Menschen, auch durchaus positiv für fein geputzte Gegenstände (z.B. ›Der Fußboden ist wie geleckt‹), und ›Lecker‹ für den Stutzer, obwohl im letzten Falle auch die abwertende Bedeutung des Speichelleckens (⇨ Speichel) mitwirken kann. Luther fragt in seinen ›Tischreden‹: »Du junger Lecker wilt du uns strafen?« Kaspar Stieler dichtet 1660 in der ›Geharnischten Venus‹: »Die Worte blies mir Amor zu, der Lecker«. Über die Malerei seiner Zeit urteilt Winckelmann im 18. Jahrhundert: »die geleckte Manier einiger von Raffaels Landsleuten«. ›Geleckt‹ kann aber auch im guten Sinne gebildet, formvollendet bedeuten und steht dann in der Nähe der Tiersage, nach der die Bärin ihrem Jungen erst durch Lecken seine Form gibt, ⇨ Bär.Vgl. dagegen französisch ›un ours mal léché‹ (wörtlich: ein schlecht geleckter Bär): Bezeichnung für einen unflätigen Menschen.Wilhelm Busch benutzt dieses Motiv auch in seiner komischen Zoologie.Ein ›Ungeleckter Mensch‹ ist also ein ungebildeter Mensch ohne Umgangsformen. H. Heine schreibt: »Der deutsche Edelmann, dem sie (seine Form) von der bärenleckenden Lutetia mühsam eingeübt worden«.Das Maul nach etwas lecken (›Ein Leckermaul sein‹) oder Die Finger danach lecken als Ausdruck der Lüsternheit ist 1691 bei Kaspar Stieler in der ›Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs‹ gebucht: »Das Maul lecken, gustum alicuius rei capere ... Du leckst alle deine fünf Finger danach, dulcedinis huius rei desiderio nunquam non capieris«; vgl. französisch ›s'en lécher les doigts‹. Von jemandem der ein günstiges Angebot ausgeschlagen hat, sagt man: ›Der würde noch einmal die Finger danach lecken‹. Im Sprachkommentar des Joh. Mathesy findet sich die Wendung bereits 1586: »... hernach aber, wenn sie gefreiet und zu Hause sitzen, lecken sie die Finger danach« (⇨ Finger). In einem Fastnachtsspiel des 16. Jahrhunderts findet sich die Version:Ich weiß, daß sie (die Mohrrübe) euch wurd lieben,das ihr die Feust danach wurd lecken.Den eigenen Löffel lecken: seinen eigenen Haushalt haben. Die Redensart findet sich ebenfalls schon bei Joh. Mathesy: »Denn gar viel Mägde haben es weit besser, wenn sie dienen, denn wenn sie ihren eigenen Leffel lecken«.Mit der Wendung Es ist kein Honiglecken umschreibt man eine unangenehme und harte Beschäftigung oder auch Lebensphase. Die Redensart ist bereits bei K. Stieler 1691 gebucht: »Es ist allhier kein Honiglecken, negotia ista molestiora sunt, quam ut inde jucunditas hauriri possit«. Vgl. französisch ›Ce n'est pas du gâteau‹ (wörtlich: Das ist kein Kuchen).Von der Tatsache, daß Tiere instinktiv zur Heilung und Schmerzlinderung ihre Wunden lecken, leitet sich die Wendung her: Daran zu lecken haben, die oft hämisch gemeint ist im Sinne von: dieser Schaden wird ihm noch lange zu schaffen machen.Leck mich! verkürzt aus ›Leck mich am Arsch‹, ⇨ Arsch.Hüte dich vor den Katzen, die vorne lecken und hinten kratzen. Holztafeldruck um 1500, aus: Brückner: Druckgraphik, Abbildung 32.Hüte dich vor den Katzen, die vorne lecken und hinten kratzen. Holzschnitt des Petrarca-Meisters, Augsburg 1532, aus: Walther Scheidig: Die Holzschnitte des Petrarca-Meisters, Berlin 1955.
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.