- schielen
- Auf etwas (nach jemandem)schielen: etwas verstohlen beobachten, begehrlich auf etwas (jemanden) blicken. Vgl. französisch ›loucher sur quelque chose‹. Auch: Schielaugen machen: durch begehrliche Blicke verraten, daß man etwas gerne haben möchte. ⇨ Stielaugen.Das Schielen galt außerdem als Ausdruck des Spottes, der Verachtung und des Neides. Schon Walther von der Vogelweide setzte das Schielen mit Tücke und feindlicher Gesinnung gleich (57, 35):Kumt ein junger ieze dar,sô wird ich mit twerhen ougenschilhend angesehen.Im Volksglauben ist das Schielen ein wichtiges und sicheres Kennzeichen für einen Menschen mit dem ›zweiten Gesicht‹, aber auch für den ›bösen Blick‹. So darf z.B. in Mecklenburg niemand zugegen sein, der schielt, wenn gebuttert wird, da dies sonst mißraten könnte.Die Wendung An (auf) einem Auge schielen wird im Volkslied zur metaphorischen Umschreibung der Entehrten gebraucht. So heißt es z.B. im Liederbuch der Clara Hätzlerin (2, 68, 516):Die ere man ir nit mer bevilcht,Wann sy an ainem augen schilcht.Die redensartlichen Vergleiche schildern das Schielen in scherzhaften und verspottenden Übertreibungen, z.B. Er schielt wie ein Bock; Sie schielt wie eine Gans, wenn's donnert. Besonders drastisch sind die Vergleiche in den mundartlichen Wendungen: schwäbisch ›Der schielt wie a Ratz‹; niederdeutsch ›Dat schêlt as Dag un Nacht‹; niederrheinisch ›Der guckt mit dem linken Aug in die rechte Westentasche‹; siebenbürger-sächsisch ›E sêgt än de schiele wänkel‹.Eine neuere berlinerische Redensart besitzt nur übertragene Bedeutung: ›Er schielt mit den Beinen‹, er ist betrunken.• S. SELIGMANN: Der böse Blick und Verwandtes, 2 Bde. (Berlin 1910); K. MEISEN: Der böse Blick und seine Abwehr in der Antike und im Frühchristentum, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde I (1950), S.144ff.; DERS.: Der böse Blick, das böse Wort und der Schadenzauber durch Berührung im Mittelalter und in der neueren Zeit, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 3 (1952), S. 169ff.; A. DUNDES (Hrsg.): The Evil Eye. A Folklore Casebook (New York – London 1981); TH. HAUSCHILD: Der böse Blick (Berlin 2. Auflage 1982),
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.