sieden

sieden
Es (er) ist weder zu sieden noch zu braten (und auch nicht gut roh zu essen): etwas (jemand) ist in keiner Form zu gebrauchen. Vergleiche französisch ›Cet homme n'est bon à rien; n'est bon ni à rôtir ni à bouillir‹ (veraltet). Von einem Eigensinnigen heißt es ebenfalls: Der ist nicht zu sieden und nicht zu braten: sein Starrsinn ist nicht zu brechen, oder: Den mögt ihr sieden und braten: den könnt ihr trotz der schärfsten Maßnahmen nicht ändern oder umstimmen.
   In Ulm sagt man abweisend: ›Jetzt kannst's siede oder braute‹, jetzt kannst du daraus machen, was du willst; jetzt mußt du sehen, wie du zurechtkommst. Vergleiche französisch ›Vous en ferez des choux ou des raves‹ (veraltet).
   Er will sie sieden und braten: er hat Schlimmes mit ihnen vor, doch es sind nur leere Drohungen. Sieden und Braten war jedoch früher eine tatsächlich durchgeführte, grausame Hinrichtungsart. Besonders auf Ketzer und Falschmünzer wurde sie angewendet, um sie als ›Teufelsbraten‹ mundgerechter für den Teufel zu machen. Im »Welschen Gast' (Cod. pal. 389, 194') wird erzählt, der Herzog von Oester-reich lasse Ketzer sieden und braten, damit sich der Teufel nicht die Zähne verbeiße: »[enwil] niht daz der välant ze-breche stne zend zehant«
   Jemandem siedet das Blut: er ist erregt vor Zorn oder Leidenschaft; vgl. französisch ›Cela me fait bouillir‹ (›le sang dans les veines‹).
   Ähnlich spricht man auch von einem ›Siedenden Haß‹, der das Blut in Wallung geraten läßt.
   Die schwäbische Redensart ›'s ist mer siedig heiß n'aufg'stiege‹, ich habe mich plötzlich unter heftigem Schrecken an etwas erinnert, beruht auf der Beobachtung, daß es einem bei einem unangenehmen Gedanken plötzlich heiß wird, weil einem das Blut in den Kopf schießt.
   Häufig wird die redensartliche Formel auch im Partizip gebraucht: Da gibt's Gesottenes und Gebratenes: da geht es hoch her wie auf einem Fest. Elsässisch heißt es von einem, der in Saus und Braus lebt: ›Der lebt in Sottis und Brotis‹.
   In der Übertragung auf den Menschen liebt auch Goethe das Wortpaar, denn er schreibt:
   Gesotten oder gebraten!
   Er ist ans Feuer geraten.
   Gebraten oder gesotten!
   Ihr sollt nicht meiner spotten.
   Was ihr auch heute getröstet,
   Ihr seid doch morgen geröstet.
Du kommst mir gesotten: du kommst mir gerade recht, eigentlich du kommst mir in den Weg, wie dem Schlaraffen die gebratene Taube in den Mund fliegt.
• J. GRIMM: Deutsche Rechtsaltertümer II, S. 284f.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Sieden — Sieden, verb. irregul. ich siede, du siedest, (Oberd. seudest) er siedet, (Oberd. seudet); Imperf. ich sott; Mittelw. gesotten; Imper. Siede, (Oberd. seud). Es ahmet eigentlich den zischenden Laut nach, welchen ein in eine innere Bewegung… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Sieden — Sieden, 1) vom Wasser, mit einem zischenden Laute in einer inneren Bewegung befindlich sein, so namentlich vom bewegten Meere; 2) von tropfbaren Flüssigkeiten, in einem solchen Zustande sich befinden, daß die Dämpfe nicht bloß von der freien… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Sieden — (Kochen), das Aufwallen einer Flüssigkeit, wobei sich nicht nur an der Oberfläche, sondern auch im Innern der Flüssigkeit Dampf bildet. Im Innern einer Flüssigkeit aber können Dampfblasen nur dann bestehen, wenn die Spannkraft des in ihnen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • sieden — Vst. std. (9. Jh., ungisotan 8. Jh.), mhd. sieden, ahd. siodan, mndd. seden, mndl. sieden Stammwort. Aus g. * seuþ a Vst. sieden, kochen , auch in anord. sjóđa, ae. sēoþan, afr. siātha. Außergermanisch entspricht am ehesten lit. siaũsti… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • sieden — V. (Aufbaustufe) den Siedepunkt erreichen Synonyme: kochen, simmern Beispiele: Wasser siedet bei 100 Grad. Pass auf, die Soße ist siedend heiß. sieden V. (Oberstufe) eine rohe Speise gar werden lassen (SD, A) Synonyme: garen, kochen Beispiel: Sie …   Extremes Deutsch

  • sieden — sieden: Das altgerm. starke Verb mhd. sieden, ahd. siodan, niederl. zieden, engl. to seethe, schwed. sjuda »kochen, aufwallen« ist etymologisch nicht sicher erklärt. Als ablautende Substantive gehören dazu got. sauÞs »Opfer«, aisl. sauđr »Schaf« …   Das Herkunftswörterbuch

  • Sieden — Sieden, Kochen, die bei einer bestimmten Temperatur, dem Siedepunkte oder Kochpunkte, erfolgende Verwandlung einer Flüssigkeit in Dampf. Der Siedepunkt ist für verschiedene Flüssigkeiten verschieden und auch vom Luftdruck anhängig, so daß er auf… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • sieden — [Basiswortschatz (Rating 1 1500)] Auch: • kochen Bsp.: • Das Wasser kocht …   Deutsch Wörterbuch

  • sieden — aufbrühen; kochen * * * sie|den [ zi:dn̩], sott/siedete, gesotten/gesiedet: 1. a) <itr.; hat (landsch., Fachspr.) ↑ kochen (2 b): Wasser siedet bei 100º; die Milch fängt an zu sieden; siedend (kochend) heißes Öl. b) <tr.; hat zum Kochen… …   Universal-Lexikon

  • Sieden — 1. Auch im Sieden der Eier ist Vernunft. Als Boswell einst den Redner Burke fragte, wie er wol den Menschen definiren würde, erwiderte dieser: »Der Mensch ist ein kochendes Thier.« »Die Definition ist gut«, sagte Boswell, »und jetzt verstehe ich… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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