- weit
- Nicht weit her sein: unbedeutend, geringwertig sein, nichts gelten; ursprünglich vom sittlich-gesellschaftlichen Gebiet, später auch auf andere Verhältnisse übertragen. Die Wendung bezieht sich auf die verbreitete Ansicht, daß die beste Erfahrung nicht in der Heimat, sondern in der Fremde erworben wird. Deshalb machte auch die Zunftordnung den Gesellen die Wanderjahre zur Pflicht. Vergleiche auch die scherzhaft oder ironisch gemeinte schwäbische Weisheit: ›Der isch net weit her, na hat er au net weit hoim‹.Schon Grimmeishausen spottet 1673 im ›Teutschen Michel‹ (S. 21) über den Fehler der Deutschen, das Einheimische zu mißachten und das Fremde zu überschätzen: »Es ist aber schon vorlängst eine allgemaine Sucht eingerissen derart, daß die jenige, so daran kranck ligen, weit von ihrem Vatterland gebürtig zu seyn wünschen; diese wurde so hefftig, daß auch aus selbiger ungereimten Thorheit ein Sprichwort entsprungen, welches man zu denen gesagt, die man verachten wollen, nemblich: Du bist nit weit her«. Friedrich Leopold Graf zu Stolberg klagt zu Anfang des 19. Jahrhunderts bitter: »Statt mit der Billigkeit, die der deutschen Gemütsart eigen ist, das Fremde zu würdigen, überschätzt der Deutsche es mit jener Schwäche, die ihm auch sehr eigen ist und die er zu oft naiv genug ausdrückt, wenn er, Geringschätzung anzudeuten, sagt: Das ist nicht weit her!« Vergleiche auch französisch ›Cela ne va pas chercher bien loin‹ (wörtlich: Das ist nicht weit hergeholt). Vergleiche auch das auf Mt 13, 57 und Mk 6, 4 zurückgehende Sprichwort ›Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande‹.Dagegen: Etwas ist zu weit hergeholt: eine Sache gehört eigentlich nicht mehr in einen bestimmten Zusammenhang.Die Wendung Weit (in der Welt) herumgekommen sein: viel gesehen und erlebt haben, große Erfahrung besitzen, enthält dagegen hohe Anerkennung; vgl. französisch ›avoir roulé sa bosse‹ (wörtlich: seinen Buckel herumgewälzt haben).Mit etwas (jemandem) ist es weit gekommen: es hat sich sehr zum Nachteil, ins Negative verändert, jemand ist tief gesunken; ironisch gebraucht. In etwas zu weit gehen: etwas übertreiben, den Anstand verletzen.Es einmal (im Leben, im Beruf) weit bringen: große Erfolge haben.Das Weite suchen (gewinnen): davonlaufen (entkommen).
Das Wörterbuch der Idiome. 2013.