Geist

Geist
Jemandes guter (böser) Geist sein: ihn zum Guten oder Schlechten beeinflussen.
   Wissen, wes Geistes Kind er ist: ihn und seine Herkunft bzw. seine Gedankenwelt genau kennen, ist eine biblische Redensart und geht auf Lk 9,55 zurück. Jesus spricht dort: »Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?«
   Im Geist der Zeit sein bzw. ›Dem Zeitgeist entsprechen‹: die von der Mehrheit für richtig gehaltenen modernen Vorstellungen teilen. Jemandem auf den Geist gehen: umgangssprachliche Wendung der 80er Jahre, vor allem von Jugendlichen gerne gebraucht im Sinne von: Du gehst mir auf die Nerven (den Wecker), Nerv, Nerven, Wecker. (K)ein großer Geist sein: (k)eine große Bedeutung haben.
   Der Geist, der stets verneint, eine euphemistische Umschreibung, die Mephistopheles in Goethes ›Faust‹ (I, Studierzimmer) selbst von seinem negativen Wirken gibt, kann redensartlich auch auf Menschen bezogen werden, die alles Positive in Frage stellen.
   Seinen Geist aufgeben, hochsprachlicher Euphemismus für ›sterben‹; vgl. ›Das Zeitliche segnen‹ ( zeitlich). Die Wendung ist biblischen Ursprungs und kommt zuerst Klgl 2,12 vor; vgl. französisch ›rendre l'âme‹ oder ›... l'esprit‹ (auch hochsprachlich). Als makabre Blasphemie ist die herabsetzende Wendung zu verstehen: ›Der hat mal einen leichten Tod – er hat nicht viel Geist aufzugeben‹.
   Auf den Heiligen Geist warten (müssen): eine göttliche Eingebung, einen guten Einfall erhoffen, um ein Problem zu lösen. Die Wendung parodiert das Pfingstwunder mit der ›Ausgießung des Hl. Geistes‹ (Apg 2, 1-4).
   Vom Heiligen Geist beschattet: schwanger, ohne daß man den Vater des Kindes kennt. Ironisch nach der Beschattung Mariens durch den Heiligen Geist; ähnlich ›Das muß wohl der Hl. Geist getan haben‹: irgend jemand muß der Schuldige sein; einem den Heiligen Geist schicken (erscheinen lassen): ihn tüchtig verprügeln.
   Von allen guten Geistern verlassen sein: nicht wiederzuerkennen sein, unverständlich und wider alle Vernunft handeln oder sprechen.
   Die Geister platzen aufeinander steht in Luthers auf das Münzersche Treiben in Allstedt bezüglichem Brief vom 21. August 1524 in der Form: »Man laß die Geister aufeinanderplatzen und treffen«.
   Die Wendung Erhebe dich, du schwacher Geist (mit der Fortsetzung: ›und stell dir uff de Beene‹, aus Berlin und Sachsen) ist ein entstelltes Zitat aus dem Weihnachtslied von Johann Rist (1607-67), wo es heißt: »Ermuntre dich, mein schwacher Geist« (Büchmann).
   Der Ausdruck dienstbare Geister geht zurück auf die Übersetzung (Hebr 1, 14): »Sind sie (die Engel) nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um deren willen, die ererben sollen die Seligkeit?« Heute werden als ›dienstbare Geister‹ scherzhaft vor allem Hausangestellte und untergeordnete Mitarbeiter bezeichnet, die alles unauffällig erledigen (sollten), ohne daß sie in Erscheinung treten. Auch die Wunschvorstellung nach hilfreichen Heinzelmännchen kann sich hinter dem Ausdruck verbergen, so auch in der Redensart Etwas geschah (wurde erledigt) wie von Geisterhand, d.h. von unsichtbaren Wesen, ohne menschliches Zutun.
   Die Geister, die man rief; nicht mehr loswerden (können): eine selbst (mutwillig oder gedankenlos) heraufbeschworene Entwicklung nicht mehr aufhalten können, die unangenehmen Folgen nicht rechtzeitig bedacht haben. Die Wendung, die auf Goethes ›Zauberlehrling‹ von 1798 beruht, spielt heute zunehmend besonders in bezug auf die wachsenden Probleme in der Umwelt- und Wirtschaftspolitik in den Medien und Karikaturen eine große Rolle.
• C. MENGIS: Artikel ›Geist‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 472-510; L. RÖHRICH: Artikel ›Geist, Geister‹, in: Enzy-
klopädie des Märchens V, Spalte 909-922; H. MÜLLER: Dienstbare Geister. Leben und Arbeitswelt städtischer Dienstboten (Berlin 1981).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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